jahresbericht verein 2015

19 ifs Jahresbericht 2012 ifs Bewohnervertretung Dagegen stellte eine mit Drehknauf verschlossene Haustüre einer sol- chen Wohngemeinschaft für eine andere Bewohnerin sehr wohl eine – zulässige – Freiheitsbeschränkung dar, da sie nicht in der Lage war, diese Türe zu öffnen. Aufgrund ihres durch die Behinderung bedingten Be- wegungsdrangs und ihrer Orientie- rungslosigkeit wäre sie aber außer- halb der Wohngemeinschaft – u. a. durch den Straßenverkehr – akut gefährdet. Da die Wohngemeinschaft keinen anderen Ausgang hatte, wurde auch eine brandschutztech- nische Stellungnahme eingeholt, die zum Ergebnis kam, dass diese Form des Verschließens der Haustüre – in diesem speziellen Fall gerade noch – vertretbar sei. Ganz allgemein müs- sen öffentliche Gebäude (dazu zählen auch Pflegeheime, Behindertenein- richtungen und Krankenanstalten) im Brandfall ungehindert verlassen werden können. In einem ähnlichen Fall wurde das komplette Versperren des Erdge- schosses einer Wohngemeinschaft aus denselben Gründen für zulässig erklärt. Ein 70-jähriger Bewohner eines Pflegeheims, der nach einem Schlag- anfall wegen Halbseitenschwäche schon mehrmals bei Aufstehver- suchen aus dem Rollstuhl gestürzt war, wurde mit Sitzgurt im Rollstuhl fixiert. Die ifs Bewohnervertretung ließ diese Freiheitsbeschränkung überprüfen, weil der Bewohner sich dagegen ausgesprochen hatte („Das ist meine Sache, wie oft ich aufstehe…“). Da der erfahrene Pfle- gesachverständige zum Ergebnis kam, dass Frakturen am Oberkörper und im Gesicht bei häufigem Auf- stehen sehr wahrscheinlich seien, erklärte das Gericht diese Freiheits- beschränkung für zulässig. Der Sachverständige empfahl mehrmals täglich spontane Gehübungen, um die Gehfähigkeit des Bewohners zu trainieren. Die Freiheitsbeschränkung „Hindern am Verlassen des Bettes mittels Sei- tenteilen“ eines 64-jährigen Bewoh- ners eines Pflegeheims wurde vom Gericht für unzulässig erklärt, da eine Bodenpflege – schlafen auf einer Matratze am Boden mit vorgelegten Sturzmatten – die Verletzungsgefahr des Bewohners ausreichend mindere. Zudem wurde vom Sachverständigen vorgeschlagen, dem Bewohner auch nachts eine sogenannte Hüftschutz- hose anzuziehen, um das Risiko eines Oberschenkelhalsbruchs zu minimieren. Das Gericht hatte auch über die Freiheitsbeschränkung „Hindern am Fahren mit einem Liegerad“ eines 48-jährigen Bewohners eines Pflege- heims zu entscheiden. Der Bewohner hatte vor vielen Jahren im Zuge eines Verkehrsunfalls ein schweres Schä- del-Hirn-Trauma mit psychischen und körperlichen Dauerschäden erlit- ten. Bisher machte er mit seinem Lie- gerad alleine Ausflüge in die nähere Umgebung. Da sich – wie von Pfle- gepersonen und Sicherheitsorganen beobachtet – Gefahrensituationen im Straßenverkehr häuften, untersagte die Pflegedienstleitung solche unbe- gleiteten Ausflüge. Auch den anfangs begleitenden Pflegepersonen wurde die Haftungsproblematik „zu heiß“. Da die impulsive Persönlichkeit des Bewohners und seine mangelnde Einsicht in Gefahrensituationen nach Einschätzung des Sachverstän- digen eine erhebliche Selbst- und Fremdgefährdung im Straßenver- kehr bedeutete, erklärte das Gericht dieses Verbot für zulässig. Der Be- wohner wird nun von einem Ange- hörigen bei Liegeradtouren begleitet, was nicht in den Verantwortungsbe- reich des Pflegeheims fällt. Das körperliche Festhalten einer suizidgefährdeten Betreuten einer Behindertenwerkstätte wurde vom Gericht aus formellen Gründen für unzulässig erklärt, da keine ärztliche Bestätigung über das Vorliegen einer geistigen Behinderung und einer da- mit verbundenen Gefährdung vorlag. Inhaltlich wäre die Maßnahme auf- grund der hohen Selbstgefährdung zulässig gewesen. Die Einrichtung holte nachträglich diese Bestätigung ein. Die Verwendung von Bettgittern bei einer 77-jährigen Patientin einer Nachsorgestation wurde für unzu- lässig erklärt, da der Einsatz einer Alarmmatte und eines Niedrigpfle- gebetts ausreichend gewesen wäre, um sie vor Verletzungen zu schützen. Das Gericht folgte der Argumenta- tion des Sachverständigen, wonach für das Pflegepersonal ausreichend Zeit gewesen wäre, sie bei Aufsteh- versuchen aus dem Bett zu begleiten und Bettgitter die Verletzungsgefahr beim Versuch, sie zu überklettern, noch erhöht hätten. In einer anderen Krankenhausabtei- lung wurde dagegen die Fixierung mit Bauchgurt und vier Extremitä-

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