jahresbericht verein 2015

Jahresbericht 2015 20 tengurten für zulässig erklärt, da der 80-jährige Patient nach einer Hirnblutung die ärztlich angeordnete Bettruhe nicht einhalten wollte und die Gefahr schwerer Komplikationen nach einem Sturz im Raum stand. Zudem hätten weitere Operationen durchgeführt werden müssen, weil er laufend versuchte, sich die Drainagen aus der Wunde am Kopf zu ziehen. Die medikamentöse Sedierung agi- tierter PatientInnen in Kranken- hausabteilungen und Pflegeheimen wurde mehrfach aus formellen Gründen für unzulässig erklärt, weil sie der Bewohnervertretung nicht gemeldet worden war. In einem anderen Fall wurde der Antrag des ifs Bewohnervertreters auf Über- prüfung einer medikamentösen Freiheitsbeschränkung vom Gericht abgewiesen, weil sich herausstellte, dass das Medikament ausschließlich zur Behandlung einer ärztlich fest- gestellten Angststörung diente und die damit verbundene Sedierung eine bloße unerwünschte Nebenwirkung der Behandlung war. In einer Wohngemeinschaft für Menschen mit geistiger Behinderung wurden in zwei Fällen Bettgitter am Pflegebett für unzulässig erklärt. Als Alternative konnten ein Niedrigpfle- gebett sowie eine vorgelegte Sturz- matratze eingesetzt werden. Dagegen wurden bei beiden BewohnerInnen Sitzgurte im Rollstuhl mangels Alter- native für zulässig erklärt. Ein besonders aufwändiges Ge- richtsverfahren wurde in einer sozialpädagogischen Einrichtung durchgeführt: Das Gericht hatte in einem ersten Schritt zu klären, ob das Heimaufenthaltsgesetz über- haupt anwendbar ist, da „Einrich- tungen für Minderjährige“ nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallen. Da im konkreten Fall Struk- turen für Pflege und Betreuung für Menschen mit Behinderung gegeben waren, betrachtete das Gericht diese Wohngemeinschaft als „Einrichtung für Menschen mit Behinderung“ und prüfte die Zulässigkeit der Freiheits- beschränkung „Versperren der Zim- mertür zu bestimmten Zeiten nachts und frühmorgens“. Die Gefährdung wurde immangelnden Schlaf der unter einer geistigen Behinderung mit Hyperaktivität leidenden damals 12-jährigen Bewohnerin gesehen. Die heilpädagogische Sachverständige schlug eine stufenweise Reduktion der Schließzeiten durch nächtliche Betreuungsbesuche vor. Das Gericht erklärte die Freiheitsbeschränkung unter Einhaltung dieser Auflagen für zulässig. Leider brachten die Be- treuungsbesuche keine Beruhigung, sodass die Freiheitsbeschränkungen von der Einrichtung wieder im ur- sprünglichen Umfang angeordnet wurden. Die Fixierung mit Sitzhose im Roll- stuhl eines 62-jährigen Bewohners eines Pflegeheims wurde für zulässig erklärt, weil er stark verwirrt und nicht gehfähig war und damit die Gefahr von schweren Verletzungen bei Stürzen zu hoch gewesen wäre. Ebenso die Fixierung im Rollstuhl einer 71-jährigen Bewohnerin mit Demenz, die nach einem Schlaganfall mit Halbseitenlähmung schon mehr- fach aus dem Rollstuhl gestürzt war. Für die Dauer einer 1:1-Betreuung konnte der Sitzgurt aber offen gelas- sen werden. Der Antrag des ifs Bewohnervertre- ters auf Überprüfung der Zulässig- keit von Bettgittern am Pflegebett einer 46-jährigen Bewohnerin einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung wurde abgewiesen, weil das Gericht sie für einsichts- und urteilsfähig hielt und sie selbst diese Bettgitter wünschte. Die Beschränkungen „Bettgitter, Fixierung der rechten Hand und me- dikamentöse Sedierung“ an einem 34-jährigen Patienten einer Kran- kenanstalt wurden wegen starker Desorientiertheit und der Gefahr des Herausziehens lebensnotwendiger Versorgungsleitungen nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma für zulässig erklärt. Die Fixierung des linken Fußes wurde dagegen für unzulässig erklärt: Es handelte sich um einen Dokumentationsfehler, tatsächlich wurde der rechte Fuß fixiert. ○

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