jahresbericht verein 2017

Jahresbericht 2017 24 Neue Aufgaben für die ifs Bewohnervertretung Das Jahr 2018 bringt eine Auswei- tung des Heimaufenthaltsgesetzes auf „Einrichtungen für Kinder und Jugendliche“ mit sich. Die bisherige gesetzliche Ausnahme für diese Ein- richtungen war insbesondere von den Volksanwaltschaften kritisiert worden: Ihre Kommissionen hätten immer wieder menschenrechtlich nicht akzeptable Missstände im Um- gang mit der persönlichen Freiheit von Kindern und Jugendlichen in Be- treuungseinrichtungen aufgezeigt. Am 30. März 2017 wurde im Zuge des 2. Erwachsenenschutzgesetzes die Ausnahmeregelung gestrichen und vom Nationalrat ein Inkrafttreten für den 1. Juli 2018 beschlossen. Ge- mäß der Erläuterungen zumMinis- terialentwurf sind davon beispiels- weise „Landesjugendheime, Heime privater Träger, sonder-, heil- und sozialpädagogische Wohngemein- schaften, SOS-Kinderdörfer und Son- derschulen“ betroffen. Für die ifs Bewohnervertretung be- deutet das, dass ca. 70 neue Einrich- tungen für Kinder und Jugendliche zu den bisher 180 Einrichtungen für Erwachsene hinzukommen werden. Inhaltlich sind Kinder und Jugendli- che für die BewohnervertreterInnen ein neues Klientel – zur bisherigen Zielgruppe zählten Erwachsene und Senioren. Vorbereitend werden im April und Mai 2018 in Wien jeweils einwöchige Fortbildungsveranstal- tungen für alle Bewohnervertre- terInnen Österreichs stattfinden. Jedenfalls wird die neue Aufgabe in- haltlich eine große Herausforderung darstellen und zeitlich hoffentlich auch bewältigbar sein, da Erfah- rungswerte fehlen. Das Bemühen der ifs BewohnervertreterInnen wird es sein, für die Freiheitsrechte von Kin- dern und Jugendlichen zu sensibili- sieren, damit auch bei dieser Perso- nengruppe Freiheitsbeschränkungen nur im unbedingt notwendigen und gesetzlich zulässigen Rahmen ausge- übt werden. Auch juristisch wird die Arbeit anfangs mit einigen Unklarheiten verbunden sein: Was sind „altersty- pische Freiheitsbeschränkungen“? Diese sind nämlich ausdrücklich vom Gesetz ausgenommen worden, da hier das Recht auf Familienau- tonomie Vorrang haben soll. Nach dem Verständnis der Bewohnerver- tretung können dies aber nur ganz klassische Maßnahmen bei Klein- kindern sein, wie z. B. Gitterbettchen bei Säuglingen, das Angurten von Kleinkindern im Kinderwagen oder die „Fixierung“ eines Kleinkindes im Hochstuhl beim Essen. Alle übrigen Freiheitsbeschränkungen, wie ver- sperrte Türen, Fixierungen im Bett oder an Sitzgelegenheiten, Festhalten oder medikamentöse Ruhigstellung wegen Aggressionsausbrüchen, sind nach dem Rechtsverständnis der BewohnervertreterInnen niemals alterstypisch. Hier werden die allge- meinen Regeln des Heimaufenthalts- gesetzes gelten: - Entscheidungsfähige Minderjährige (wird ab dem 14. Lebensjahr vermu- tet) können einer Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit selbst zu- stimmen, es braucht dafür keine Zu- stimmung der Obsorgeberechtigten. - Freiheitsbeschränkungen ohne oder gegen den Willen der Betroffenen sind nur bei Anordnung durch be- fugte Personen, nur bei psychischer Krankheit oder geistiger Behinde- rung, nur bei Selbst- oder Fremd- gefährdung und nur dann möglich, wenn keine schonenderen Maßnah- men ergriffen werden können. - Obsorgeberechtigte können nicht eine Freiheitsbeschränkung verlan- gen oder ihr zustimmen. - Es besteht eine Meldepflicht durch die jeweilige Einrichtungsleitung an die ifs Bewohnervertretung; diese vertritt die Kinder und Ju- gendlichen bei der Wahrung ihrer Freiheitsrechte. - Es gibt jederzeit die Möglichkeit, eine Freiheitsbeschränkung ge- richtlich überprüfen zu lassen. ○ Dr. Herbert Spiess Leiter ifs Bewohnervertretung

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