jahresbericht verein 2017

Jahresbericht 2017 34 dem Ziel, Behandlungen gegen oder ohne den Willen der Betroffenen möglichst zu vermeiden. Zur Sicherstellung einer Mitentschei- dung über die weiteren Behandlungs- schritte versuchten die Patienten- anwältInnen noch vor Verabreichen einer Zwangsmedikation entspre- chende Vertretungshandlungen zu setzen. So konnte durch die Beantra- gung einer Zweituntersuchung nach § 10 Abs. 3 UbG oft Zeit gewonnen werden, um sich mit dem Patienten bzw. der Patientin und der jeweiligen Situation eingehender auseinan- derzusetzen. In diesen Gesprächen (z. B. über Erfahrungen mit bislang verordneter Medikation) konnten auch Alternativen zu ärztlich be- reits verordneten, aber vom/von der Patienten/Patientin abgelehnten Medikamenten gefunden werden. Dabei wurde unter anderem darauf geachtet, dass bei der Art und Dosie- rung sowie der Applikationsart der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt wird. Auch bei unum- gänglicher Zwangsmedikation sollte den PatientInnen das Angebot der „oralen Gabe“ gemacht werden, bevor weitergehenden Eingriffe wie eine intramuskuläre Gabe mittels Fest- halten durch mehrere Pflegeperso- nen oder eine Fixierung angeordnet werden. Mit der Möglichkeit, die unterge- brachten PatientInnen schon in der Aufnahmesituation zu hören, konnte vielfach ein Vertrauensverhältnis zum/zur Patienten/Patientin aufge- baut werden, sodass für ihn/sie die Behandlungssituation annehmbarer erschien. Weiters konnte auch das Behandlungs-Prozedere besprochen werden, wodurch sich die PatientIn- nen auf die weiteren Behandlungs- schritte besser einstellen und darauf einlassen konnten. Steigende Unterbringungszahlen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Eine dem jeweiligen Alter der Kin- der und Jugendlichen angepasste Behandlung und Betreuung zählt zu den Grundvoraussetzungen einer modernen Kinder- und Ju- gendpsychiatrie. Dazu gehört neben speziellen Therapieangeboten eine altersentsprechende Umgebung mit Freizeitaktivitäten und eine spezi- elle Akutbehandlung insbesondere in Krisensituationen. Das Ziel, die Kinder und Jugendlichen primär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu behandeln und zu betreuen und nur in Ausnahmefällen (Platzmangel oder „herausforderndes“ Verhalten der jugendlichen PatientInnen) in der Erwachsenenpsychiatrie, konnte erreicht werden . Im Jahr 2017 sind nur mehr 15 Prozent (gegenüber 33 Prozent im Jahr 2015) der unterge- brachten Kinder und Jugendlichen in den ersten Tagen in der Erwach- senenpsychiatrie behandelt worden, bevor eine Verlegung durchgeführt werden konnte. Insgesamt ist aber die Anzahl an un- tergebrachten Kindern und Jugend- lichen die letzten Jahre deutlich ge- stiegen (allein der Anstieg von 2015 bis 2017 beträgt 42 Prozent ). In der Praxis zeigt sich dies beispielsweise darin, dass Kinder und Jugendliche oft mehrere Tage warten müssen, bis sie vom Akutbereich in die normale stationäre Betreuung verlegt werden können. Auch dort ist die räumliche Situation sehr beengt . Die Kapazi- täten einer altersentsprechenden Behandlung und Betreuung sind so- wohl im Innen- wie auch im Außen- bereich mit der jetzigen Auslastung deutlich begrenzt und entsprechen mittlerweile nicht mehr modernen und zeitgemäßen Standards einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. ○ Mag. Christian Fehr Leiter ifs Patientenanwaltschaft Unterbringung nach Stationstyp 2015 2016 2017 Kinder- und Jugendpsychiatrie ( = J1 und K1) 38 48 69 Akutstation Erwachsenenpsychiatrie (= E1) 17 11 11 Sonstige Erwachsenenstationen (= E2, E3, E4, O1, O2, O3, O4, U1) 2 1 1 Gesamt 57 60 81 Anzahl der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen nach Stationstyp

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