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Jahresbericht 2019 32 abfertigung“). Da in diesen Einrich- tungen schnelle Aufhebungen von Freiheitsbeschränkungen eher selten sind, ist diese Vorgehensweise ver- tretbar. Ab der Jahresmitte mussten die Vertretungen zudem aufgrund der Elternkarenz einer Mitarbei- terin auf die verbleibenden drei Bewohnervertreter*innen verteilt werden, was einen deutlichen Mehr- aufwand für jede*n Einzelne*n mit sich brachte. Gerichtliche Vertretungen bei Freiheitsbeschränkungen Die ifs Bewohnervertretung stellte 6 Anträge auf gerichtliche Überprü- fung von Freiheitsbeschränkungen in Pflegeheimen und 2 in Krankenan- stalten. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Anträge in Pflegeheimen um ein Viertel zurückgegangen, in Behinderteneinrichtungen und in Einrichtungen für Minderjährige gab es keine Anträge. Jedoch wären in Einrichtungen für Minderjährige viele Freiheits- beschränkungen formell für unzu- lässig erklärt worden, hätte die ifs Bewohnervertretung aus folgenden Gründen einen Überprüfungsantrag gestellt: Freiheitsbeschränkungen sind zu spät gemeldet worden, An- ordnungen und ärztliche Bestätigun- gen haben gefehlt oder sind zu spät ausgestellt worden. Ergebnisse gerichtlicher Vertretungen In Pflegeheimen sind Freiheitsbe- schränkungen etwa gleich häufig für zulässig oder unzulässig erklärt worden. Sämtliche überprüften Maßnahmen in Krankenanstalten wurden aus formellen Gründen für unzulässig erklärt. Details hierzu sind unter „Interessante Entscheidungen Vorarl- berger Gerichte“ zu finden. Jahresschwerpunkte Folgende Schwerpunkte wurden im vergangenen Jahr gesetzt: Vorträge In 19 Vorträgen zumHeimaufent- haltsgesetz vor Mitarbeiter*innen von Pflegeheimen, Behindertenein- richtungen, Krankenanstalten, Ein- richtungen für Minderjährige und im Rahmen der Tagung „Familie und Recht“ wurde Wissen um die gesetz- lichen Grundlagen und Handlungs- abläufe bei Freiheitsbeschränkungen vermittelt und dieses gleichzeitig auf dem aktuellsten Stand gehalten. Fachlicher Austausch Die ifs Bewohnervertreter*innen nahmen an zahlreichen Besprechun- gen mit Ärzt*innen, Pflegepersonen, pädagogischen Fachleuten und an- deren Kooperationspartner*innen teil. Zudem fanden alle sechs Wochen Fallbesprechungen mit einer Fach- ärztin für Psychiatrie statt, in deren Rahmen intern geklärt wurde, ob eine Behandlung mit sedierenden Medikamenten als medikamentöse Freiheitsbeschränkung zu qualifizie- ren ist. Bezüglich dieser Rechtsfrage treten oft auch bei den anordnungs- befugten Ärzt*innen und den melde- pflichtigen Einrichtungsleitungen Unklarheiten auf. Themenschwerpunkt „Verschlossene Türen in Pflegeheimen“ Im Jahr 2019 wurden nach 2014 zum zweiten Mal die Zimmertüren der Bewohner*innen eines ganzen Wohn- bereichs von außen versperrt, um so vor vermeintlichen Gefährdungen durch verwirrte Bewohner*innen zu schützen. Dieses komplexe Thema wurde von der ifs Bewohnerver- tretung aufgegriffen, im Rahmen eines Artikels in den Vorarlberger Nachrichten thematisiert und in anschließenden Gesprächen mit den Geschäftsführungen der gro- ßen Pflegeheimbetreiber allgemein bearbeitet. In Vorarlberg gibt es fünf neue Pflegeheime, in denen elektroni- sche Türschließsysteme vorhanden sind, die die jeweilige Zimmertür bei Annäherung des Berechtigten entsperren und ansonsten zuge- sperrt sind. Somit können verwirrte Bewohner*innen nur noch ihr ei- genes Zimmer betreten und nicht mehr in fremden Zimmern, sondern nur mehr in den Allgemeinräumen umherirren. Dieses Verhalten des Umherirrens führt in den 45 älteren Pflegeheimen, die mit mechanischen Zimmerschlössern ausgestattet sind, immer wieder zu Situationen der Angst und Aggression bei al- len Beteiligten: Die berechtigten Zimmerbewohner*innen möchten verständlicherweise ihre Privat- sphäre schützen, die verwirrten Bewohner*innen glauben, es handle sich um ihr Zimmer, und die Pfle- gepersonen sollten sie aus diesem Zimmer bringen. Entscheidungsfä- hige Bewohner*innen entschließen sich in dieser Situation manchmal dazu, sich einsperren zu lassen, um ungestört zu bleiben. In Einzelfäl-

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