ifs_jahresbericht_2018_sc

23 ifs Kinder-, Jugend- und Familiendienste - Vernachlässigung oder Aufsichtspflichtverletzung - Autonomiekonflikt Wichtig war es, eine gemeinsame Sprache zu finden, um die Situation der Betroffenen zu erfassen und relevante Bereiche des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zu beschreiben. Des Weiteren wurden Erläuterun- gen zu diesen Gefährdungsfaktoren formuliert. Diese unterstützen die Kooperation der verschiedenen Systempartner maßgeblich und tragen somit zum Schutz der Kinder und Jugendlichen bei. So sind laut „Handbuch und fachliche Grund- lagen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, Bereich Sicherung des Kindeswohls“ beispielsweise „unter körperlicher Gewalt […] nicht zufäl- lige körperlich schädigende Einwir- kungen zu verstehen, die infolge von Handlungen der Erziehungsberech- tigten entstehen. Körperliche Gewalt wird mit Absicht bzw. unter Inkauf- nahme der Verursachung ernsthaf- ter körperlicher Verletzungen oder seelischer Schäden begangen. Diese Handlungen führen zu physischen und/oder psychischen Beeinträchti- gungen der Kinder/Jugendlichen und deren Entwicklung.“ Oder „psychi- sche Gewalt bedeutet ein Verhalten, ausgehend von Erziehungsberech- tigten, welches Kindern/Jugendli- chen gegenüber eine feindliche oder abweisende Haltung zum Ausdruck bringt. Sie werden zum Beispiel iso- liert, abgelehnt, erniedrigt, dauernd herabgesetzt, terrorisiert, gekränkt oder mit körperlicher Gewalt be- droht. Ihnen wird das Gefühl vermit- telt, wertlos zu sein.“ Nach der Gefährdungserhebung und -einschätzung gilt es, einen Hilfeplan zu erstellen. In diesem Zusammen- hang muss entschieden werden, ob eine Unterstützung der Erziehung, eine ambulante und nachgehende Un- terstützung ausreichend ist, um das Kindeswohl zu sichern, oder ob der Verbleib Minderjähriger in der Her- kunftsfamilie nicht verantwortbar und somit eine stationäre Betreuung angezeigt ist. Nach ausführlichen Ressourcen- und Zieldiskussionen entscheiden sich die MitarbeiterIn- nen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe für eine Möglichkeit der Hilfe bzw. Intervention und weisen die Betroffenen den entsprechenden ifs Fachbereichen (oder anderen sozi- alen Institutionen) zu. Das Geschäftsfeld ifs Kinder-, Ju- gend- und Familiendienste umfasst sowohl ambulante als auch stati- onäre Angebote, in deren Rahmen Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre (in Ausnahmefällen auch älter) so- wie deren Eltern auf vielfältige Art und Weise begleitet, beraten, betreut und unterstützt werden. Zu den ambulanten Fachbereichen zählen das Ambulant betreute Wohnen (AbW), die Familienarbeit, die Flexi- ble intensivpädagogische Betreuung (Flex) und die Nachgehende sozial- pädagogische Arbeit (NASA). Zu den stationären Angeboten gehören die Krisenwohngruppe Kompass, die Wohngemeinschaft Unterland, die Wohngemeinschaft Dornbirn sowie das mittlerweile geschlossene Haus Hohenweiler. Die Ziele der Beratung und Unter- stützung werden individuell mit je- dem/jeder Einzelnen vereinbart und bei Bedarf im Laufe der Betreuung adaptiert. Allen gemeinsam ist das Ziel, Gefährdungen zu minimieren und eine weitere Zuspitzung der zu- meist höchst komplexen Situation zu verhindern. Oberste Priorität hat dabei stets das Kindeswohl. Die MitarbeiterInnen gehen proaktiv auf die KlientInnen zu und bleiben auch dann aktiv, wenn bei den Kli- entInnen die Kraft zur Veränderung manchmal auf demWeg verloren geht. ○ Dr. Maria Feurstein Leitung Geschäftsfeld ifs Kinder-, Jugend- und Familiendienste ifs Ambulant betreutes Wohnen (AbW) Konflikte mit Eltern und Geschwis- tern, das Erleben von psychischer oder physischer Gewalt in der Fami- lie, das Fehlen eines sozialen Netzes und daraus resultierend wechselnde Wohnplätze aber auch die positive Entwicklung Jugendlicher in ei- ner betreuten Wohngemeinschaft oder einer Pflegefamilie und damit zusammenhängend der geplante Schritt in ein Setting mit mehr Ei- genverantwortung zählen zu den Gründen, weshalb Jugendliche im ifs Ambulant betreuten Wohnen auf- genommen werden. Aufgrund von belastenden Kindheitserfahrungen, wie Vernachlässigung oder psy- chisch kranken Eltern, fällt es den Betroffenen oft schwer, ihren Alltag zu bewältigen. Die gesellschaftlichen Anforderungen, gerade in Bezug auf berufliche Ausbildung und Selb- ständigkeit, gepaart mit den eigenen Ansprüchen und Lebenszielen er- schweren es den jungen Menschen zusätzlich, ihren Weg zu finden. Auf Zuweisung der Kinder- und Ju- gendhilfe bietet das ifs Ambulant be- treute Wohnen Jugendlichen im Alter von 16 bis 18 Jahren Unterstützung. In eigens angemieteten Wohnungen wird es diesen ermöglicht, sich mit Hilfe der fachlichen Begleitung in einer eigenständigen Lebensführung zu erproben. Voraussetzung für die Aufnahme ist eine ausreichende Ver- tragsfähigkeit, Eigenverantwortung und Tagesstruktur. Ein Ziel der Hil- festellung ist es, sowohl die Jugend- lichen als auch deren Obsorgeträger in der aktuell schwierigen Situation zu entlasten, was meist durch den örtlichen Abstand bereits zu einem großen Teil gelingt. In der konkreten Arbeit mit den Jugendlichen stehen deren individuelle Themen und Ziele sowie der Aufbau einer vertrauens- vollen und tragfähigen Beziehung im Vordergrund. Im Jahr 2018 betreute das Team des ifs Ambulant betreuten Wohnen ins- gesamt 48 Jugendliche (23 Mädchen

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