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Jahresbericht 2020 32 Bewohnervertreter*innen zumindest telefonisch einen Überblick über die Verhältnisse bekamen, hielten sich die Befürchtungen über geheim gehaltene Freiheitsbeschränkungen in Grenzen. Die Einrichtungen wur- den aktiv über die Möglichkeiten im Rahmen des Epidemiegesetzes und mögliche Szenarien nach dem Heim- aufenthaltsgesetz informiert, was einige Rechtsklarheit brachte. Gegen Ende des ersten Lockdowns gingen einige Beschwerden von Angehörigen ein, die das generelle Besuchsverbot betrafen, hinge- gen keine einzige Beschwerde von Bewohner*innen selbst. Ab Anfang Mai nahmen die Bewohnervertreter*innen vorsich- tig erste persönliche Kontakte in Einrichtungen auf (Besuch nur einer Einrichtung pro Tag), ab Mitte Mai wurde wieder zum Normalbetrieb übergegangen – selbstverständlich unter Einhaltung der Masken- pflicht und des Abstandes zu den Klient*innen. Dies erschwerte zwar in vielen Fällen die verbale Kommu- nikation, ermöglichte jedoch trotz- dem, sich ein besseres Bild über eine Freiheitsbeschränkung zu verschaf- fen als mittels einer telefonischen Abklärung. Eine Kommunikation per Zoom kam angesichts der ein- geschränkten Möglichkeiten der Klient*innen nicht in Frage. Ab Juli fanden die Teamsitzungen der Bewohnervertretung wieder persönlich statt. Bereits zu einem frühen Zeitpunkt wurde beschlos- sen, die Mund-Nasen-Schutzmasken durch FFP2-Masken zu ersetzen. Ende September wurden in einer Sitzung des Landes mit ambulanten und stationären Trägern, zu der auch die ifs Bewohnervertretung einge- laden war, die Eckpunkte für die zweite Welle besprochen: Erfreulich war, dass ein generelles Besuchs- verbot in den Einrichtungen nur als allerletzte Möglichkeit im Krisenfall erwogen wurde, was auch gehalten hat. Auch wurde klargestellt, dass Bewohner*innen die Einrichtungen jederzeit verlassen dürfen, was zu- mindest Spaziergänge mit Angehöri- gen ermöglicht. Ab Oktober erhielten die Bewohnervertreter*innen die Mög- lichkeit, sich freiwillig einem kurz- fristigen PCR-Test zu unterziehen. Die Teamsitzungen wurden erneut nur noch per Zoom abgehalten und die Besuche in den gemeinsamen Büroräumlichkeiten auf das Not- wendigste reduziert und im Team abgestimmt. Das Tragen von FFP2- Masken wurde zur „neuen Norma- lität“, die Angst vor Ansteckung hatte sich relativiert. Im Rahmen der Einrichtungsbesuche wurde vor Ort entschieden, ob ein Erstgespräch mit Bewohner*innen abgehalten wird oder nicht. Bei positiv getes- teten Bewohner*innen betraten die Bewohnervertreter*innen das Zimmer in Schutzkleidung oder verschoben das Erstgespräch auf einen anderen Tag (nach Ablauf der Quarantänefrist). Ab Dezember durfte die Bewohner- vertretung (Pflege- und Behinder- ten-)Einrichtungen nur noch mit einem negativen Antigentest, der jeweils für 24 Stunden gültig war, betreten, in Krankenhäusern war ein Test pro Woche ausreichend. Deshalb wurde die Entscheidung getroffen, die Besuchsfrequenz auf zwei Tage pro Woche zu reduzieren. Praktisch bedeutete dies, dass die Bewohnervertreter*innen zweimal wöchentlich morgens so früh als möglich einen Termin in der Test- straße in Dornbirn wahrnahmen und die Besuchskontakte auf diese Tage legten. Da aber das Anfallen von Meldungen nicht vorhersehbar ist, stellte die Terminkoordination eine besondere Herausforderung dar. Trotzdem war es möglich, alle Klient*innen zu besuchen. Häufige Testungen von Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen der Einrichtungen und erste Impfungen Anfang Dezem- ber ließen wieder etwas Hoffnung aufkeimen, nachdem im November und Dezember doch einige Meldun- gen über Aufhebungen von Freiheits- beschränkungen eingegangen waren, da Klient*innen verstorben waren. Trotz aller Widrigkeiten und Er- schwernisse war es möglich, Anfang Oktober eine neue Mitarbeiterin an- zustellen und einzuschulen, sodass Regina Anhaus mit 01.01.2021 auch die Leitung der ifs Bewohnervertre- tung vom in die Pension wechseln- den bisherigen Leiter Herbert Spiess übernehmen konnte. Herbert Spiess, der zuvor die ifs Sachwalterschaft (heute Erwachsenenvertretung) leitete, war maßgeblich am Aufbau der ifs Bewohnervertretung betei- ligt. Ab 2005 leistete er gemeinsam mit seinem Team wichtige Grund- lagenarbeit und trug maßgeblich zur Bewusstseinsbildung und zum sensiblen Umgang mit freiheits- beschränkenden Maßnahmen in Vorarlberg bei. Interessante Entscheidungen Vorarlberger Gerichte In einer Wohngemeinschaft für Men- schen mit Beeinträchtigung leben insgesamt fünf Bewohner*innen. Ei- ner davon gefährdet sich selbst, wenn er die WG-Räumlichkeiten verlässt, da er völlig orientierungslos ist und beispielsweise nicht auf den Straßen- verkehr oder Geländeabbrüche in der Nähe achtet. Der pädagogische Leiter ordnete an, die Gruppeneingangstür vor allem nachts zu verschließen bzw. den Bewohner festzuhalten, wenn er untertags draußen angetroffen wird. Nach Intervention der Bewohner- vertreterin wurde zunächst ein GPS-Ortungsgerät angeschafft und ein elektronisches Türschließsystem
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