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5 ifs Erwachsenenvertretung Rückstände bei der Registrierung konnten aber glücklicherweise ver- mieden werden. Allerdings wurden in Zeiten verstärkten Infektionsge- schehens keine Vorsorgevollmach- ten errichtet, da es hier weitaus zeitintensiverer persönlicher Ge- spräche bedarf. Somit konnte die ifs Erwachsenenvertretung auch während der COVID-19-Pandemie die außergerichtliche Begründung von Vertretungsmacht für nicht (mehr) entscheidungsfähige, volljährige Per- sonen weitgehend sicherstellen. Diese außergerichtliche Begrün- dung von Vertretungsmacht in den Formen der Vorsorgevollmacht, der gewählten und der gesetzlichen Er- wachsenenvertretung stellt wohl die beachtlichste Änderung durch das am 1. Juli 2018 in Kraft getre- tene Erwachsenenschutzgesetz dar. Seither wenden sich Erwachsene mit einer geistigen Beeinträch- tigung, psychischen Krankheit oder Demenz und ihnen naheste- hende Personen an Notar*innen oder Rechtsanwält*innen und – in hohemMaße – an die ifs Erwach- senenvertretung, um die offizielle Registrierung einer gewählten oder einer gesetzlichen Erwachsenen- vertretung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) – ohne Befassung des Ge- richts – durchführen zu lassen. Bis zum 30. Juni 2018 erfolgte die gesetz- liche Vertretung von Erwachsenen mit einer geistigen Beeinträchti- gung, psychischen Krankheit oder Demenz überwiegend im Rahmen einer vom Gericht bestimmten Sach- walterschaft. Dabei empfanden viele Betroffene das für die Einrichtung einer Sachwalterschaft erforderliche Gerichtsverfahren als belastend. Die Begründung von Vertretungs- macht für eine gesetzliche Ver- tretung hat sich somit in vielen Fällen von den Gerichten zu den Registrierungsstellen (Notar*innen, Rechtsanwält*innen und ifs Er- wachsenenvertretung als Erwach- senenschutz-Verein für Vorarlberg) verlagert. Das niederschwellige und meist kostengünstige Instrument der Registrierung im Österreichi- schen Zentralen Vertretungsver- zeichnis funktioniert in Vorarlberg nicht zuletzt dank der erfreulichen Bereitschaft der Ärzt*innen für All- gemeinmedizin zur Ausstellung der erforderlichen ärztlichen Atteste weiterhin ausgezeichnet. Somit wird das gesetzliche Ziel der Verlagerung weg vom Gericht zur außergerichtli- chen Form der Registrierung erreicht und dieser Prozess verstärkt sich laufend. Dementsprechend ist die Anzahl der gerichtlichen Erwach- senenvertretungen – ganz im Sinne des Gesetzgebers – zunehmend und deutlich rückläufig, während die Anzahl der gewählten und gesetz- lichen Erwachsenenvertretungen kontinuierlich steigt. Die ifs Erwachsenenvertretung sieht sich der UN-Behindertenrechts- konvention und dem Erwachsenen­ schutzgesetz verpflichtet. Ganz bewusst beachtet und stärkt sie die Selbstbestimmung der betroffenen Personen, soweit dies im jeweiligen Falle möglich ist. Dementsprechend ist die ifs Erwachsenenvertretung in all ihren Tätigkeitbereichen (Erwachsenenvertretung-Classic, Be- ratung, Clearing und Registrierung) darauf bedacht, nicht notwendige gesetzliche Vertretungen möglichst zu verhindern. Sollte eine gesetzliche Vertretung unvermeidlich sein, so soll diese möglichst in den selbstge- wählten Formen der Vorsorgevoll- macht oder der gewählten Erwachse- nenvertretung erfolgen. Ist die dazu erforderliche Entscheidungsfähig- keit nicht (mehr) gegeben, können nächste Angehörige als gesetzliche Erwachsenenvertreter*innen re- gistriert werden. Somit kommt eine gerichtliche Erwachsenenvertretung nur noch dann in Frage, wenn eine Erwachsenenvertretung zum Schutz einer betroffenen Person unvermeid- lich ist und sich diese Person gegen eine Vertretung ausspricht oder keine Angehörigen oder Nahestehen- den hat, die bereit bzw. geeignet sind, die Vertretung zu übernehmen. So- mit bleibt die gerichtliche Erwachse- nenvertretung das allerletzte Mittel. Mit dem am 1. Juli 2018 in Kraft ge- tretenen Erwachsenenschutzgesetz erweiterte sich der Aufgabenbereich der ifs Erwachsenenvertretung be- achtlich: Neben der bereits beschrie- benen neuen Aufgabe der Registrie- rung von Vertretungsverhältnissen hat die ifs Erwachsenenvertretung nun auch in allen neuen und in vielen bestehenden (gerichtlichen) Erwachsenenvertretungsverfahren einen Clearingbericht zu erstatten. In diesem Zusammenhang stellt die zu bewältigende hohe Zahl an Er- neuerungsverfahren für sämtliche vor dem 1. Juli 2018 begründeten „alten Sachwalterschaften“ eine große Herausforderung dar, denn in jedem dieser Fälle hat die ifs Er- wachsenenvertretung ein gesetzlich zwingendes „Erneuerungsclearing“ durchzuführen. Mit Stolz kann darauf verwiesen werden, dass die ifs Erwachsenen- vertretung auch im Jahre 2020 in der Lage war, die gerichtliche Erwach- senenvertretung für alle Personen, für die keine nahestehende Person zur Verfügung stand oder bei denen nicht überwiegend rechtliche An- gelegenheiten zu erfüllen waren, zu übernehmen. Damit ist für Vorarl- berg eine Bedarfsdeckung gegeben.

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