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Jahresbericht 2021 20 21 ifs Patientenanwaltschaft wieder auf die Station zurückge- bracht und auch die darauffolgen- den Tage trotz klar geäußertem Wunsch zu gehen, nicht unterge- bracht wurde (14 UB 391/21w). - Zwei 5-Punkt-Fixierungen von Patient:innen wurden für nicht zulässig erklärt, da die Dokumenta- tionspflichten gravierend verletzt wurden und somit die Nachvollzieh- barkeit und Überprüfbarkeit der freiheitsbeschränkenden Maßnah- men nicht gewährleistet waren (14 UB 372/21a und 14 UB 465/21b). - Eine 5-Punkt-Fixierung wurde nachträglich für unzulässig erklärt , da die Freiheitsbeschränkung erst zwei Tage, nachdem diese erfolgt war, an die Patientenanwaltschaft mitgeteilt wurde (14 UB 852/21i). - Zwei EKT-Behandlungen eines Pa- tienten wurden nachträglich für nicht zulässig erklärt, da der Pati- ent nicht ausreichend rechtswirk- sam in diese Behandlung einwilli- gen konnte (14 UB 1088/20v). - Die weitergehende Beschränkung durch Versperren der Zimmertür wurde für unzulässig erklärt, da sie ohne ärztliche Anordnung und ohne Dokumentation durchgeführt wurde (14 UB 1000/20b). Vertretung der im UbG gesetzlich geregelten Patientenrechte Die Unterstützung und Vertretung der Patient:innen bei der Durch- setzung der Patientenrechte stellt unverändert den wichtigsten Aufgabenbereich der ifs Patien- tenanwaltschaft dar. Durch per- sönliche Gespräche informieren die Patientenanwält:innen die Patient:innen über die ihnen zuste- henden Patientenrechte, vertreten sie gegenüber dem psychiatrischen Krankenhaus und stehen ihnen beim gerichtlichen Überprüfungsverfah- ren als parteiliche Vertreter:innen bei. weitere mögliche Entwicklungen und aktuelle Defizite in der Rechtsvertre- tung von Menschen mit einer psychi- schen Erkrankung aufgezeigt. Die Jubiläumszeitschrift mit dem Titel „Gemeinsam für mehr Selbst- bestimmung“ ist auch digital auf der Website des ifs zu finden: www.ifs.at/sonderausgaben Spezielle Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie Retrospektiv betrachtet war die COVID-19-Pandemie auch im Jahr 2021 das herausragende Ereignis. Das Krankhauspersonal musste auf- grund der jeweils aktuell geltenden Bestimmungen auch auf den Statio- nen eine FFP2-Maske tragen, was die Kommunikation mit und Therapie der Patient:innen erheblich beein- trächtigte. Gerade bei Menschen mit psychischen Erkrankungen ist eine kohärente und authentische Kom- munikation – sowohl verbal wie auch nonverbal – mit Gestik und Mimik besonders wichtig. Auf den geronto- psychiatrischen Stationen kamen bei Patient:innen mit Hörbeeinträchti- gung zusätzliche Herausforderungen erschwerend hinzu. Wie bereits im Herbst und Winter 2020 mussten auch 2021 mehrere Patient:innen, die mit SARS-CoV-2 in- fiziert waren, im LKH Rankweil auf- genommen und behandelt werden. Patient:innen, die krankheitsbedingt nicht in der Lage waren, sich an die Schutzvorschriften und Quarantäne- bestimmungen zu halten, wurden bei vorliegenden Unterbringungsgrün- den nach § 3 UbG untergebracht und im Zimmer mit Versperren der Türe isoliert . Die Raumbeschränkungen mit Versperren der Zimmertüre wur- den fast ausschließlich in der Geron- topsychiatrie durchgeführt und sind im Vergleich zum Vorjahr nochmals angestiegen. Viele der Patient:innen mit demenziellen Erkrankungen konnten die Quarantänebestimmun- gen und die Zimmerisolierung nicht verstehen. Deshalb mussten diese Vorgehensweisen von den Ärzt:innen und dem Pflegepersonal immer wie- der neu erklärt werden. Durch die coronabedingten zusätz- lichen Herausforderungen konnten mit den Patient:innen weniger The- rapien und Aktivitäten durchgeführt werden. Auch die Besuche und Aus- gänge nach Hause mussten stark eingeschränkt und teilweise sogar unterbunden werden. Aus Sicht der Patient:innen und der ifs Patienten- anwaltschaft hat die Corona-Pande- mie deutliche Einbußen in der Selbst- bestimmung und der Qualität der Behandlung und Betreuung bewirkt. Durchführung der Gerichtstermine im Unterbringungsverfahren Trotz COVID-19-Pandemie konnten die Gerichtstermine im LKH Rank- weil überwiegend im persönlichen Beisein aller involvierten Personen , der Patientinnen und Patienten, der behandelnden Fachärzt:innen, der Patientenanwält:innen sowie der Sachverständigen, durchgeführt werden. Positiv auf das Coronavi- rus getestete Patient:innen wurden entweder nach Anlegen der Schutz- bekleidung im Zimmer aufgesucht, wodurch ein persönliches Gespräch möglich war, oder das Gespräch er- folgte telefonisch mittels Aushändi- gen des Telefons an die Patient:innen durch das Pflegepersonal. Im Jahr 2021 kam es beim Unterbrin- gungsgericht zu zwei Neubestellun- gen, wobei die jeweiligen Übergaben und Einweisungen gut durchgeführt und organisiert wurden. Von den Entscheidungen des Unter- bringungsgerichts sind auszugsweise folgende kurz anzuführen: - Die Abnahme eines Mobiltelefons eines minderjährigen Patienten aus disziplinären Gründen und vor Durchführung der Unterbringung wurde für unzulässig erklärt (14 UB 513/21m). - Die freiheitsbeschränkende Maß- nahme im Zuge eines freiwilligen Aufenthalts wurde für unzulässig erklärt, da die Patientin vom Pfle- gepersonal darauf hingewiesen wurde, die Station nicht verlassen zu dürfen , von der Bushaltestelle 2018 2019 2020 2021 Station M1 0 1 17 13 Station M2 0 0 0 4 Station F0 0 0 7 17 Gesamt 0 1 24 34 Unterbringungen mit mindestens einer Raumbeschränkung in der Gerontopsychiatrie

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