jb_verein_ev_pa_bv_22

Jahresbericht 2022 22 Patientin auf eine andere Station andere Patient:innen gefährden könne. In der Entscheidung des Ge- richts wurde der Sachverhalt dahin- gehend rechtlich beurteilt, dass Be- schränkungen der Freiheitsrechte aufgrund von räumlichen wie personellen Gegebenheiten nicht gerechtfertigt werden können. Es wäre einerseits durch mehr Per- sonal und andererseits durch eine Vollbesetzung sämtlicher möglicher Stationen, insbesondere der Station F0, denkbar gewesen, taugliche Al- ternativen zu einer Isolierung einer bereits wieder „genesenen Patien- tin“ anzuwenden. - Eine Fünfpunktfixierung einer Patientin wurde für unzulässig erklärt, da keine unverzügliche Mit- teilung der Beschränkung an die ifs Patientenanwaltschaft erfolgt war und auch keine schriftliche ärztli- che Anordnung in der Krankenge- schichte erfasst wurde. - Ebenfalls aufgrund von mehr- fachen Verzögerungen bei der Verständigung der Mitteilung von weitergehenden Beschränkungen (einmal ca. elf Stunden) wurden zwei Fünfpunktfixierungen für un- zulässig erklärt . - Die Freiheitsbeschränkung durch Absperren der Stationstüre wurde bei einer „freiwilligen“ Patientin für unzulässig erklärt. Die Patientin befand sich in freiwilliger stationä- rer Behandlung auf der Station E1. Durch das Absperren der Station wurde die Patientin daran gehin- dert, die Station zu verlassen. Da die Patientin nicht untergebracht war, fehlte eine rechtliche Grundlage für die Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit. - Mehrere Unzulässigkeitserklärun- gen von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen ergingen aufgrund nicht rechtzeitig durchgeführter Verlängerungen der Unterbringung . Die Patient:innen wurden, obwohl die Unterbringung bereits ausge- laufen war, weiter in ihrer Freiheit beschränkt, beispielsweise durch das Tragen einer elektronischen Fußfessel/eines Weglaufschutzes, durch weiterhin durchgeführte Fixierungsmaßnahmen oder eine Fortsetzung einer Raumisolierung für einen Zeitraum von drei Tagen. - Auch das Vorenthalten bzw. die Wegnahme eines Hörgerätes einer Patientin wurde für unzulässig erklärt. Vertretung der im UbG gesetzlich geregelten Patientenrechte Die Unterstützung und Vertretung der Patient:innen bei der Durchset- zung der Patientenrechte wird als der zentrale Aufgabenbereich der ifs Pa- tientenanwaltschaft erachtet. Durch Information und Gespräche versu- chen die Patientenanwält:innen, die Patient:innen in ihrer Selbstbestim- mung zu stärken. Sie unterstützen sie in ihren Anliegen gegenüber dem psychiatrischen Krankenhaus und vertreten ihre Rechte beim gerichtli- chen Überprüfungsverfahren. Vertretung bei Beschränkungen der Bewegungsfreiheit gem. § 33 UbG Einer der wichtigsten außergericht- lichen und gerichtlichen Vertre- tungsbereiche ist die Vertretung der Patient:innen bei weitergehenden Beschränkungen wie Fixierungen im Bett, Sitzgurtfixierungen im Rollstuhl in der Gerontopsychiatrie oder auch Raumbeschränkungen im Zimmer, zumal die Patient:innen diese Beschränkungen als massive Beeinträchtigung erleben. Im Jahr 2022 stellte die ifs Patientenanwalt- schaft insgesamt 14 Anträge auf Prüfung der Zulässigkeit bei Ge- richt und führte insgesamt 41 außer- gerichtliche Vertretungs- und Ver- mittlungstätigkeiten aus, wie das Nachfragen bezüglich der Gründe der Beschränkungsmaßnahmen, bezüglich der Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine möglichst rasche Beendigung oder das Fragen nach Alternativen. Ein Auszug der ergangenen Entscheidungen sind in vorangehendem Abschnitt „Durch- führung der Gerichtstermine im Un- terbringungsverfahren“ zu finden. Vertretung bei Behandlungsfragen Im Berichtsjahr wurde die medi- kamentöse Behandlung von den Patient:innen selbst nur wenig the- matisiert , da deren Anliegen von den behandelnden Ärzt:innen überwie- gend berücksichtigt wurden. Aus die- sem Grund stellte die ifs Patienten- anwaltschaft 2022 nur vier Anträge auf Überprüfung von einfachen Heil- behandlungen beim Unterbringungs- gericht. In sieben Fällen setzten sich die ifs Patientenanwält:innen bei einfachen Heilbehandlungen außergerichtlich durch Vertretung und Vermittlung für die Anliegen der Patient:innen ein.

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