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Jahresbericht 2023 22 wurden die gesetzlichen Bestimmungen einer medizinischen Behandlung von untergebrachten Patient:innen wesentlich erneuert. Aus Sicht der ifs Patientenanwaltschaft wurden bislang mehrere der neuen gesetzlichen Regelungen nur unzureichend umgesetzt: - Die behandelnden Ärzt:innen sind verpflichtet, die Entscheidungsfähigkeit der Patient:innen zur medizinischen Behandlung unter Zuhilfenahme eines „Unterstützerkreises“ (Angehörige, andere nahestehende Vertrauenspersonen, besonders geübte Fachleute) zu erlangen. Dieses Bemühen ist laut Novelle auch zu dokumentieren, was bislang standardmäßig noch nicht der Fall ist. - Wird ein:e nicht entscheidungsfähige:r Patient:in ohne Einwilligung und Entscheidung „konsenslos“ behandelt, muss die Patientenanwaltschaft unverzüglich verständigt werden. Vor allem in der Erwachsenenpsychiatrie muss die ifs Patientenanwaltschaft immer wieder auf diese Bestimmung hinweisen. Seit Juli 2023 gingen insgesamt 60 Verständigungen einer medizinischen Behandlung von nicht entscheidungsfähigen Patient:innen bei der Patientenanwaltschaft ein. - Ist die betreffende Person nicht entscheidungsfähig, muss sie vom:von der behandelnden Arzt:Ärztin darüber informiert werden, dass sie vor Durchführung der Behandlung das Unterbringungsgericht anrufen kann. Insgesamt sind acht Anträge auf Vorabentscheidung gem. § 34a Abs 3 UbG (fünf Anträge von den behandelnden Ärzt:innen, ein Antrag von einem:einer Patient:in und zwei Anträge von der ifs Patientenanwaltschaft) gestellt worden. Davon sind vom Unterbringungsgericht fünf Behandlungen für zulässig erklärt worden. - Wird ein:e Patient:in bei Gefahr in Verzug behandelt – zumeist bei gleichzeitig durchgeführten Fixierungsmaßnahmen im Bett –, ist ebenfalls eine Mitteilung an die Patientenanwaltschaft vorgesehen, was in der Praxis überwiegend funktioniert. Seit 1. Juli 2023 ist bei insgesamt 99 untergebrachten Patient:innen eine Behandlung bei Gefahr in Verzug gem. § 37 UbG durchgeführt worden. Sind die Patient:innen nicht entscheidungsfähig, ist unverändert vor Beginn einer besonderen Heilbehandlung – wie einer Elektrokonvulsionstherapie, einer Depotbehandlung mit Neuroleptika oder einer Behandlung mit demMedikament Leponex – eine Genehmigung des Gerichtes erforderlich. Im Jahr 2023 wurden insgesamt elf Anträge gestellt, von denen neun Anträge vom Gericht genehmigt wurden. Die Anzahl der diesbezüglichen Anträge ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, da die behandelnden Ärzt:innen bemüht sind, die Behandlung im Einverständnis mit den Patient:innen durchzuführen. Vertretung bei Beschränkungen gem. § 34 und § 34a Seit der Novelle des UbG müssen über die Unterbringung hinausgehende Beschränkungen der Persönlichkeitsrechte (z.B. wie Beschränkungen des Besuchs- und Telefonrechts, Überwachung durch Videokameras, Entzug der Privatkleidung, Wegnahme von persönlichen Gegenständen, Verbot des Ausgangs ins Freie oder das Anbringen einer elektronischen Fußfessel bzw. eines Weglaufschutzes) der Patientenanwaltschaft gemeldet werden. Es fällt auf, dass seit Schließung der Station E1 vor allem die Videoüberwachung von Patient:innen in ihrem Zimmer stark zugenommen hat, da auf den Stationen E3 und E4 die Akutzimmer vom Personal nicht mehr durch ein Fenster direkt einsehbar sind. Bezüglich dieser Videoüberwachung gibt es immer wieder Diskussionen, da diese der ifs Patientenanwaltschaft mehrfach nicht gemeldet wurde und über Tage weiter aufrecht blieb, obwohl laut gesetzlicher Vorgabe ein lebenswichtiges Interesse vorliegen muss. Aus diesem Grund stellte die Patientenanwaltschaft zwei Anträge auf Überprüfung bei Gericht. Weitere Jahresschwerpunkte Auswertung der Daten bei weiteren Beschränkungsmaßnahmen gem. § 33 UbG in der Erwachsenenpsychiatrie Weitere Beschränkungsmaßnahmen, wie Fixierungen mit Bauch-, Hand-, und Fußgurt im Bett oder auch Isolierung in einem Raummit Versperren der Zimmertüre, werden in der Erwachsenenpsychiatrie von der ifs Patientenanwaltschaft seit über 20 Jahren genau dokumentiert und ausgewertet. Im Jahr 2023 wurden in der Erwachsenenpsychiatrie 450 Fixierungen

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