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wie 12 Herr Brüstle, Sie haben vor 20 Jahren maßgeblich am Aufbau des Ambulant betreuten Wohnens – kurz AbW – mitgearbeitet. Warumwar gerade damals die Zeit reif für ein Angebot dieser Art? M. Brüstle: Mehrere Faktoren haben eine Rolle gespielt. Die Idee des ambulant betreuten Woh- nens für Jugendliche geisterte schon recht lang durch meinen und den Kopf des heutigen Fachgruppenleiters der ifs Sozialpädagogik Hel- mut Köpf. Im Zusammenhang mit den Wohngemeinschaften starteten wir Versuche mit Außenwohnungen. Als 1995 die Wohngemeinschaften adaptiert wurden, ergab sich durch freiwerdende finanzi- elle Mittel die Möglichkeit, das AbW umzusetzen. Zudem standen die damaligen ifs Geschäftsführer Manfred Dörler und Stefan Allgäuer hinter der Idee. Das Projekt hat dann im Land einige Wellen geschlagen. Juristen haben sich damit ausein- andergesetzt, ob es überhaupt möglich ist, dass Jugendliche alleine wohnen. Handelte es sich um ein völlig neues Konzept oder gab es in Österreich bereits vergleichbare Angebote? M. Brüstle: Es gab ein ähnliches Projekt in Inns- bruck, aber nicht in dieser Konzeption, in dieser Stringenz. War der Schritt, den Jugendlichen zu vertrauen, ihnen die Verantwortung, nachts alleine sein zu können, zu übertragen, nicht ziemlich mutig? M. Brüstle: Nicht die Wohnform an sich machte das Besondere aus, sondern das Vertrauen in die jungen Menschen, dass diese sehr wohl die Verant- wortung für sich selbst übernehmen können. Die- ser Vertrauensvorschuss hat sich bewährt. Egon Blum, ehemaliger Regierungsbeauftrag- ter für Jugendbeschäftigung in Vorarlberg, hat einen beeindruckenden Leitsatz in der Arbeit mit Jugendlichen: „Wer unserer Jugend vertraut und ihr das auch beweist, wird von ihr nicht ent- täuscht.“ Können Sie das bestätigen? M. Brüstle: Natürlich. Ich denke, dass Jugendliche dieses Vertrauen brauchen. Das Experimentieren gehört zu diesem Alter, dort Schritte zu wagen, wo Erwachsene es als zu risikobehaftet sehen. A. Hilbe: Ohne das Vertrauen in die von uns betreuten Jugendlichen könnten wir diese Arbeit auch heute nicht leisten. Natürlich gibt es Situati- onen, in denen es nicht einfach ist, Jugendlichen zu vertrauen, in denen ich mit meinen Mitarbei- tern entscheiden muss, welche Sicherungsstruk- turen wir im Hintergrund aufbauen müssen. Aber nicht nur wir müssen den Jugendlichen Ver- trauen entgegenbringen, sondern sie auch uns. Diese Jugendlichen sind in ihrer Vergangenheit oft von Erwachsenen enttäuscht, verraten, alleine gelassen worden. Deshalb braucht der Vertrauens- aufbau Zeit. Gab es im AbWAnfangsschwierigkeiten? Wenn ja, welche? M. Brüstle: Überraschenderweise hat es von Anfang an funktioniert. An die ersten Jugend- lichen kann ich mich noch gut erinnern: Mäd- chen bezogen die ersten beiden Wohnungen. Das benötigte Mut von den Jugend- lichen, alleine in der Wohnung zu sein, sich darauf zu verlassen, dass der zuständige Betreuer bzw. die zuständige Betreuerin sie beglei- tet, sodass sie dieses Projekt auch gut durchlaufen können. Ein Vertrauensvorschuss, der sich bewährt Andrea Hilbe und Martin Brüstle über 20 Jahre Ambulant betreutes Wohnen für Jugendliche „Nicht die Wohnform an sich machte das Besondere aus, sondern das Vertrauen in die jungen Menschen, dass diese sehr wohl die Verant- wortung für sich selbst übernehmen können.“ „Diese Jugendlichen sind in ihrer Vergangenheit oft von Erwachsenen ent- täuscht, verraten, alleine gelassen worden. Deshalb braucht der Vertrauens- aufbau Zeit.“
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