ifs_zeitschrift_2_15_sc

23 Winter 2015 fühlen. Ein ständiges Unbehagen sollten wir nicht aushalten, denn dies verhindert Zufriedenheit. Eine Art Interview mit sich selbst ist wichtig: Womit beschäftige ich mich? Wie beginne ich mei- nen Tag? Beginne ich ihn mit bestimmten Empö- rungen über etwas, das nicht so gut läuft, oder beginne ich ihn mit der Einstellung „Schauen wir, was der Tag bringt“. Vertrauen ist für mich einzu­ üben, lernbar, auf jeden Fall zu stärken. Dafür kann jeder selbst etwas tun. Nicht die anderen Menschen sind dafür zuständig. Kann man Vertrauen in das Leben auch nach Schicksalsschlägen, z.B. wenn ein geliebter Mensch stirbt, wieder zurückgewinnen? Natürlich. Wenn nicht, dann wäre das für mich mangelndes Realitätsbewusstsein. Denn dass jemand irgendwann stirbt, ist für mich klar. Ich möchte eine kurze Geschichte erzählen: Ein weiser alter Mann wird gefragt: Was ist Glück? Und er antwortet: Der Großvater stirbt, der Vater stirbt, der Sohn stirbt. Der Fragende sagt: Entschuldi- gung, ich habe sie gefragt, was Glück ist. Der alte Mann wiederholt seine Antwort und fügt hinzu: Glück ist, wenn die Reihenfolge der Generationen stimmt. Der Sohn meiner Volksschulfreundin hat sich das Leben genommen. Bei ihr gibt es immer wieder Einbrüche, aber es ist nicht so, dass das Leben komplett zumWegschmeißen ist. Wichtig ist, dass ich der Realität ins Auge blicke: Der Tod gehört zu unseren menschlichen Bedingtheiten dazu. Auch bestimmte Krankheiten gehören zum Leben. Da muss man sich gar nicht sonderlich darüber aufre- gen. Es ist auch ein Irrtum, zu glauben, dass einem, wenn man gesund und gut lebt, nichts passiert. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass besonders Men- schen, die schlimme Schick- salsschläge durchlebten, danach sogar mehr Vertrauen ins Leben haben. Weil sie erfahren haben, dass Men- schen da waren, die sie nicht alleingelassen haben. Der Großteil der Freunde verabschiedet sich, das ist keine Frage, aber es stärkt, dass es doch ein, zwei Menschen gibt, die bleiben. Und ich denke, die Erfahrung des „Trotzdems“ zu machen, aus schwe- ren Zeiten herauszukommen, das stärkt. Aber diese Fähigkeit haben leider nicht alle Menschen. Manche verzweifeln und hadern mit dem Leben. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass besonders Menschen, die schlimme Schicksalsschläge durch- lebten, danach sogar mehr Vertrauen ins Leben haben.“

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0