ifs_zeitschrift_2_15_sc
27 Winter 2015 Misstrauen entsteht, wenn… ... niemand da ist, wenn man Hilfe braucht. ... ein Versprechen oder eine Erwartung nicht ein- gehalten wird. ... zu hohe Erwartungen an sich selbst gestellt wer- den, die nicht erfüllt werden können. Auch mit diesen Situationen sind wir in der Bera- tung immer wieder konfrontiert. Nicht nur die Hilfesuchenden, sondern auch wir Beratende kön- nen davon betroffen sein. In diesen Fällen gilt es ebenso: genau hinschauen, wahrnehmen und dann gegebenenfalls handeln. Wenn ich Unterstützung brauche, kann ich auf meine Kolleginnen und Kol- legen im Team der ifs Gewaltberatung vertrauen. Selbstvertrauen Selbstvertrauen bedeutet, Vertrauen in die eige- nen Kräfte und Fähigkeiten zu haben. Meine Kraft und Fähigkeiten muss ich jedoch zuerst erken- nen, sie mir bewusst machen. Sich seiner selbst bewusst sein zu können, ist somit die Grundvor aussetzung, um Selbstvertrauen zu entwickeln. In der Gewaltberatung arbeiten die Klientinnen und Klienten daran, ein gesundes Selbstbild zu entwickeln. Selbstbeobachtung ist eine Methode zur besseren Wahrnehmung und somit Bewusst- machung seines Selbst. Viele sind lange damit beschäftigt, das Vertrauen in sich selbst zu stär- ken. Dabei sind einige sogar überrascht, dass sie sich in der Beratung so intensiv mit ihrem eige- nen Selbstbild auseinandersetzen. Viele sind es gewohnt, die Sicht von anderen zu übernehmen, was zwangsläufig zu intrapersonalen Konflikten führt. Aus diesem Grund ist das Aufbauen von Vertrauen in die eigenen Kräfte und Fähigkeiten ein wichtiger Teil in unserer Beratung. Diese Gedanken beschreiben nur einen Teil des (Gefühls-)Erlebens, dem ich mich in meiner all- täglichen Arbeit stelle. Das Schöne daran ist, dass es immer möglich ist, sich zu entwickeln. Auch Vertrauen kann gebildet werden, indem wir uns begegnen und uns bewusst mit uns selbst und unserem Gegenüber auseinandersetzen. ○ sind angestellt, weil wir die berufsspezifischen Anforderungen durch unsere Qualifikationen und Kompetenzen erfüllen. Hilfesuchende, die eine Dienstleistung des ifs in Anspruch nehmen, kön- nen dieser Tatsache vertrauen. Wir erleben jeden Tag, wie uns zunächst unbekannte Menschen ihr Vertrauen schenken, uns persönlichste Dinge aus ihrem Leben erzählen und auch ihre Gefühlswelt mit uns teilen. Dieses Vertrauen in uns als profes- sionell Beratende ist eine enorme Erleichterung für unsere Arbeit. In der Beratungssituation schaffen wir somit Vertrauen in unsere Rolle als Beraterin bzw. Berater, bevor wir Vertrauen auf einer persönlicheren Ebene aufbauen können. Persönliches Vertrauen Persönliches Vertrauen schaffen wir durch Bezie- hungsaufbau. Das bedeutet, wir brauchen Zeit, um daran zu arbeiten. Zeit und positive Erfahrungen. Positive Erfahrungen rechtfertigen das Schenken von Vertrauen gegenüber der anderen Person. Es braucht gute Gründe, um zu vertrauen. Vertrauen kann variieren, es kann wieder verloren gehen und von unterschiedlicher Tiefe sein. Vertrauen auf der persönlichen Ebene zu schaffen und zu behalten, ist für mich als Beraterin sehr wertvoll. Es ist aber auch für beide Personen bedeutsam, da es Sicherheit schafft, sofern die persönlichen Grenzen von beiden Seiten wahrgenommen und respektiert werden. Gegenseitiges Vertrauen Auch ich als Beraterin möchte natürlich Vertrauen in meine Klientinnen und Klienten haben können. Ich möchte darauf vertrauen können, dass der Kli- ent bzw. die Klientin sich auf das Gespräch einlas- sen kann. Und wie gehe ich damit um, wenn dieser Wunsch nicht erfüllt wird? Welche Möglichkeiten habe ich als Beraterin, wenn mein Gegenüber sich entscheidet, mir kein Vertrauen zu schenken? Diese Fragen muss ich mir in meiner täglichen Arbeit stellen. Manche Klientinnen und Klienten schaffen es auch, mich zu verunsichern, weil sie eine andere Vorstellung davon haben, was sie jetzt brauchen und ob sie mir ihr Vertrauen entgegen- bringen wollen oder nicht. Meine Aufgabe sehe ich darin, in diesen Momenten authentisch zu bleiben. Als Beraterin muss ich mich bei jeder neuen Per- son darauf einlassen, welche Erwartungen beste- hen und welche Erwartungen ich erfüllen kann oder nicht. Cornelia Bickel ifs Gewaltberatung
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