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www.ifs.at Seite 12 „So, das hätten wir geschafft!“, sagte der Zivildiener erleichtert, wie nach getaner Arbeit – ich war von zu Hause in ein Ein- zelzimmer im Sozialzentrum übersie- delt – zog sich den braunen Holzsessel mit dem grünen Polster achtsam und leise zurecht, ließ sich vorsichtig darauf niedersinken, als ob der Stuhl unter sei- nem Gewicht zerbrechen könnte, sah sich noch einmal prüfend im Zimmer um, wie ein strenger Lehrer der einen Stapel Schularbeitshefte nach Fehlern überprüfte. „Wenn ich dich wäre, würde ich mich hier sehr wohl fühlen!“Worauf ich ohne zu zögern, verbittert, antwortete:„Wenn ich dich wäre ... wenn ich dich wäre ... dann würde ich mich hier auch sehr wohl fühlen.“ (Auszug aus: Gerhard Rossmann, Harte Strasse, Rhätikon Verlag) Im IfS-Fachbereich „Soziale Integration“ unterstützen und begleiten wir Men- schen, die aus den unterschiedlichsten Gründen von Behinderung oder Krank- heit betroffen sind. Dabei sind die Begriffe „Behinderung“ bzw. „Krankheit“ sehr weitläufig zu ver- stehen, sodass etwa „geistige Behinde- rung“ oder „RollstuhlfahrerIn“ nur einen Teil jener Menschen umfasst, die unser Angebot nutzen. Immer dann, wenn sich der Gesundheitszustand als behin- dernd auswirkt, fühlen wir uns fachlich zuständig. Eine Behinderung bzw. eine Krankheit kann in jeder Phase des Lebens auftre- ten. Vielfach ist es so, dass Menschen, die ganz normal ihren Familien- bzw. Lebensalltag bewältigt haben, plötzlich aus ihrer Normalität gerissen werden – durch Krankheit, Unfall oder andere massive Veränderungen der Gesund- heit. Es ist für unseren Fachbereich nicht bedeutsam, ob eine Behinderung krank macht oder eine Krankheit behindert. Entscheidend für unseren Arbeitsauf- trag sind die Folgen, die im Leben der betroffenen Menschen, deren Familien und Umfeld wirken. Im Bewusstsein, dass Menschen mit ei- ner Behinderung oder einer Krankheit sich auf einen mühsamen Kampf ein- lassen müssen, wenn sie Kontrolle und Selbstbestimmung über ihr eigenes Leben erlangen, durchsetzen und erhal- ten möchten, wenn sie wollen, dass ihre Entscheidungen von allen respektiert werden, besonders auch von jenen, die vorgeben auf ihrer Seite zu stehen, ver- suchen wir Unterstützung anzubieten. Nur auf Basis solchen Respektes kann Hilfestellung geboten werden, die den Menschen aufrichtet, stärkt und mit Vertrauen ausstattet. Menschen, die von Krankheit oder Be- hinderung direkt oder indirekt betroffen sind, stehen oft vor großen gesellschaft- lichenundsozialenSchranken.Wir sehen es als unsere Aufgabe, den Schlagbaum dieser Schranken mit aller Kraft immer wieder zu öffnen, damit Lebenschancen nicht eingeschränkt werden und Vielfäl- tigkeit sowie Gleichwertigkeit Anerken- nung finden können. Übrigens: „Wenn ich Dich wäre ...“ muss unserer Haltung entsprechend heißen: „Weil Du Du bist ...“. ● Wenn ich Dich wäre ... Selbständige Lebensgestaltung und soziale Integration Werner Kündig Leiter IfS-Soziale Integration kuendig.werner@ifs.at Netzwerk Eltern Selbsthilfe Wie muss Wohnen für Menschen mit Behinderung gestaltet sein, damit deren Eltern ihre Kinder mit ruhigem Gewissen in die Obhut der Gesell- schaft entlassen können? Nicht mehr Zuhause zu wohnen be- deutet mehr, als nur örtlich in einer anderen Umgebung zu leben. Es bedeutet vor allem Ablöse aus dem engen Kreis der Familie. Eltern müs- sen Verantwortung abgeben – an andere, an Fremde. Wer selbst Kin- der hat, weiß, wie schwer das fallen kann. Bei Kindern, die Unterstützung brauchen, fühlen sich Eltern immer verantwortlich, egal wie alt ihr „Kind“ ist. Sie haben eine Vorstellung davon, wie ihr Kind glücklich sein kann, und tun alles, damit ihr Kind ein erfülltes Leben hat. Dass UnterstützerInnen oft ein anderes Bild von erfülltem Leben haben, kann den Prozess der Ablöse sehr erschweren. Menschen mit Behinderung stehen in diesem Spannungsfeld und müssen selbst noch ihren Platz suchen. Sie begin- nen oft erst jetzt zu fragen, wie sie ihr Leben gestalten möchten. Passt diese Vorstellung mit der Vorstellung der Eltern zusammen? Werden sie angehört? Wohnen für Menschen mit Behinde- rung muss in der Vorbereitung Eltern mit einbeziehen. Die Arbeitsgruppe Integration Vor- arlberg, Mitglied im Netzwerk Eltern Selbsthilfe, hat dieses Thema auf- gegriffen. Daraus wird demnächst ein Positionspapier entstehen, auf dessen Grundlage Wohnen für Men- schen mit Behinderung gelingen kann. Netzwerk Eltern Selbsthilfe Koordination: Mag. Marlies Vith T 05523 52 276-0 E vith.marlies@ifs.at Integration Vorarlberg Dr. Claudia Niedermair T 0664 5329634 E aiv@gmx.at www.integration-vorarlberg.at

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