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www.ifs.at Seite 22 Eine Wohnanlage in Feldkirch. Nach kurzem Klingeln wird die Tür geöffnet und ich darf mich etwas umsehen. Die Wohnung erinnert mich an die vielen WGs aus der Studentenzeit – mit dem großen Unterschied, dass hier akkurate Ordnung herrscht. Später sitzen wir im Wohnzimmer und Luise* erzählt aus ih- rem Leben: Sie war viele Jahre verheira- tet, stand mit beiden Beinen im Berufs- leben. Ihr Leben verlief in geregelten Bahnen. Doch dann kam alles anders. Nach zwei Aufenthalten im Landeskrankenhaus Rankweil und aufgrund großer Ehepro- bleme, konnte Luise nicht in ihr Zuhause zurückkehren. Sie wusste nicht, an wen sie sich wenden sollte, wohin sie gehen und wo sie wohnen könnte. Eine Sozi- alarbeiterin riet ihr, sich an eine Mitar- beiterin der IfS-Krisenwohnungen zu wenden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Luise schon von Einrichtungen wie der FrauennotWohnung gehört, aber von Krisenwohnungen – nein. So drängte sich ihr die Frage auf: „Eine Krisenwoh- nung – was ist denn das?“ Eine Wohngemeinschaft für schwierige Zeiten Die Krisenwohnungen des IfS sind Wohngemeinschaften, die Menschen in schwierigen Lebenslagen eine vorüber- gehende Wohnmöglichkeit bieten. Wer wohnungslos und mindestens 18 Jahre alt ist, an keiner schweren psychischen oder Suchterkrankung leidet, erhält hier die Chance auf einen Neubeginn. Dabei wird großer Wert darauf gelegt, dass Hilfesuchende schnell, unkompliziert und ohne bürokratische Hürden Unter- stützung und somit ein Dach über dem Kopf erhalten. In den Krisenwohnungen ist Zeit und Raum, die nächsten Schritte im Leben zu überdenken und diese Schritte mit Hilfe und Unterstützung auch zu wa- gen. Dabei führen die Bewohnerinnen und Bewohner jeweils ein eigenständi- ges Leben und werden nicht – wie man vielleicht annehmen könnte – rund um die Uhr betreut. Wie in herkömmlichen WGs steht je- dem Bewohner bzw. jeder Bewohne- rin ein eigenes Zimmer zur Verfügung – Küche, Bad und Wohnraum werden gemeinsam genutzt. Die Kosten für die Unterkunft sind dabei nur so hoch, dass sich die BewohnerInnen den Aufenthalt auch selbst leisten können. Einzugsgründe und Schicksale Warum wenden sich Menschen an die MitarbeiterInnender IfS-Krisenwohnun- gen? Die Gründe hierfür, die Schicksale hinter den Menschen sind unterschied- lich. Allen gemeinsam ist die Tatsa- che, dass sie wohnungslos sind – wes- halb auch immer. Wohnen aber ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Wohnen heißt Heimat zu finden, einen Ort des Rückzugs und der Stärkung zu haben. Lebenskrisen verschärfen sich, wenn die Sicherheit und Geborgenheit eines solchen Ortes verloren geht. Auslöser für den Wohnungsverlust bzw. den Einzug in eine der fünf Krisenwoh- nungen in Bregenz, Hard, Dornbirn, Feld- kirch oder Bludenz können beispiels- weise innerfamiliäre Krisen sein. Und auch junge Erwachsene aus belasteten Familiensituationen suchen in den Kri- senwohnung Unterschlupf und lernen hier selbständig zu wohnen und zu le- ben. Manches Mal sind stationäre Aufenthal- te in Einrichtungen wie beispielsweise dem Landeskrankenhaus Rankweil, der Mutter-Kind-WG, der IfS-FrauennotWo- hung oder der Stiftung Maria Ebene der Grund für eine Kontaktaufnahme mit den MitarbeiterInnen der Krisenwoh- nungen. Und zwar dann, wenn der sta- tionäre Aufenthalt mit dem Verlust der Wohnmöglichkeit einherging. Ein weiteres Schicksal, das zu einem Aufenthalt in der Krisenwohnung führt, ist jenes von schwangeren Frauen mit schwerer Drogenproblematik, die sich im Substitutionsprogramm befinden. In Vorarlberg gibt es keine sozialen Ein- richtungen, in denen sich diese Frauen geschützt und in Ruhe auf die Geburt ihres Kindes sowie auf die Zeit nach der Geburt vorbereiten könnten. Deshalb wird für diese Frauen eine Ausnahme gemacht – trotz Drogenprobleme finden sie Zuflucht in den Krisenwohnungen. Das Leben in der Krisenwohnung Zieht eine neue Person in eine der Kri- senwohnungen ein, so werden in einem Gespräch individuelle Ziele für den Auf- enthalt vereinbart und gemeinsamnach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Haupt- ziel ist es immer, dass die Klientin bzw. der Klient nach dem Aufenthalt eine eigenständige, menschenwürdige und finanzierbare Wohnung beziehen kann. Auf demWeg dahin werden die Bewoh- nerInnen jeweils von MitarbeiterInnen der IfS-Krisenwohnungen unterstützt. Diese begleiten das Zusammenleben in der WG. Es finden wöchentliche Hausgespräche sowie Gespräche mit Einzelnen statt und im Krisenfall – das Zusammenleben von unterschiedlichs- Ein Rettungsanker in Krisenzeiten IfS-Krisenwohnungen für Menschen in schwierigen Lebenslagen

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