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www.ifs.at Seite 27 schenKrisen,Verhaltensauffälligkeiten oder Hospitalisierungssymptomen • Gesundheitsfördernde und -erhalten- de Maßnahmen 2 „Community Care“: Einbeziehen der Betroffenen Für Claudia Hoffmann sollte am Beginn der Enthospitalisierung die scheinbare Banalität stehen, die Betroffenen mit einzubeziehen: „ ...Das Fragen ist sehr wichtig, gerade weil es Voraussetzun- gen hat: ohne eine Veränderung der Grundhaltung, dass Patienten etwas zu sagen haben, ist wenig zu erreichen. Um dieses ,Etwas-sagen-Können‘ der Patien- ten muss ich mich bemühen. Und dieses Bemühen schließt gerade auch die Pati- enten ein, die sich nicht oder nicht mehr äußern können.“ 3 Eines der am meisten diskutierten Kon- zepte ist die sog. „Community Care“. Hierbei geht es um eine integrierte, ge- meindenahe Form institutionalisierter Hilfe, welche die notwendige Unter- stützung behinderter oder chronisch psychisch kranker MitbürgerInnen bei einem anzustrebenden Maximum an Selbstbestimmung und gleichzeitiger Einbindung in einen sozialen Kontext gewährleisten soll. Gegenseitige Un- terstützung und Solidarität, der Aufbau von tragfähigen Beziehungen und die Möglichkeit, einer integrierten Arbeit bzw. sinnvollen Beschäftigung nachzu- gehen, sind ebenso wichtig für dieses Konzept wie die Gewährleistung von Schutz, Assistenz und – wo notwendig – advokatorische Unterstützung. So sol- len Menschen mit einer Behinderung als Mieter, Nachbarn, Bürger mit Rech- ten und Pflichten zu einem selbstver- ständlichen Bestandteil der Kommune werden. 4 Aktuelle Problembereiche Trotz aller Errungenschaften und Er- folge der letzten Jahre wie der Ausbau der Sozialpsychiatrie, dem Aufbau einer persönlichen Assistenz oder der Instal- lierung der Interessensvertretung für Psychiatrie-Erfahrene ist die IfS-Patien- tenanwaltschaft nach wie vor mit un- terschiedlichen Problembereichen kon- frontiert: PatientInnen mit psychischer Erkran- kung haben sich den Angeboten der ver- schiedenen Institutionen anzupassen und haben zu wenige Auswahlmöglich- keiten, sich selbst eine für sie passende individuelle Betreuung zusammenzu- stellen. Ambulante Wohn- und Betreuungsan- gebote, auch Alters- und Pflegeheime, arbeiten vielfach mit einem starren Personalschlüssel. Auftretende Krisen- situationen können deshalb nicht ab- gefangen werden, was zu wiederholten Aufenthalten im psychiatrischen Kran- kenhaus führt. Es gibt Institutionen, die eine stationäre Behandlung von min- destens drei Monaten einfordern, bevor PatientInnen bspw. in eine Wohnge- meinschaft aufgenommen werden. Immer wieder kommt es bei betreu- ungsintensiven PatientInnen zu Zu- ständigkeitsstreitigkeiten zwischen Krankenkasse und Land. In diesem Zu- sammenhang kann in der Praxis beob- achtet werden, dass PatientInnen über Wochen im Krankenhaus bleiben müs- sen, bis eine Finanzierung der Betreu- ung gesichert ist. Viele PatientInnen lehnen eine betreute Wohnform ab, da das verbleibende Taschengeld von ca. € 150,– nicht ausreicht, die über eine Grundversorgung hinausgehenden ei- genen Bedürfnisse abzudecken. Problematisch ist auch,dass zunehmend junge PatientInnen in Altersheimen be- treut werden sollen, da es an adäquaten Betreuungs- und Therapieangeboten fehlt. Menschen in fortgeschrittenem Alter müssen oftmals in anderen Bezir- ken untergebracht werden, da kein Platz im Sozialzentrum der Gemeinde frei ist. Zudem existieren zu wenig unterschied- liche Wohnformen für ältere Menschen wie etwa betreute Wohngemeinschaf- ten. Diese Probleme lassen eher den Schluss zu,dass eineEnthospitalisierungmit den oben geschilderten Zielvorgaben noch lange nicht erreicht ist.Wünschenswert wären unterschiedliche Hilfsangebote wie niederschwellige Anlaufstellen mit Tagesstruktur und Freizeitaktivitäten, eine individuell gestaltete Betreuung zu Hause, unterschiedliche Wohnformen sowie eine sinnvolle und identitätsstif- tende Arbeit. Erst durch ausreichende Auswahl- und Mitgestaltungsmög- lichkeiten kann ein selbstbestimmtes Wohnen, eine volle Eingliederung im regulären Arbeitsmarkt und eine Teilha- be in der Gemeinde im Sinne der oben genannten Inklusion erreicht werden. ● Literaturnachweis: 1 Brill, Karl-Ernst (1991): Grundrecht Wohnen. In Bock, T.; Weigand, H. [Hrsg.]: Handwerksbuch Psychiatrie. Bonn 1991, S 101 - 132 2 Gromann-Richter, Petra (1993): Was wollen Patien- ten und Patientinnen und wie kann regionale Versor- gung beim Aufbau komplementärer Einrichtungen aussehen? In: Aktion psychisch Kranke [Hrsg.]: Enthos- pitalisierung statt Umhospitalisierung. Bonn S. 55 - 59 3 Hoffmann, Claudia (1999): Enthospitalisierung und Deinstitutionalisierung - Einführung in die Leittermi- nologie. In: Theunissen, G.; Lingg, A. [Hrsg.]: Wohnen und Leben nach der Enthospitalisierung. Perspektiven für ehemals hospitalisierte und alte Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung. Bad Heilbrunn, S. 16 – 27 4 Dederich, Markus (2006): Einsame Selbstbestim- mung statt fürsorglicher Gemeinschaft - ist das die Zukunft für Menschen mit Behinderungen? Online unter: http://www.lvr.de/Soziales/service/veranstal- tungen/veranstaltungsreihe/vortragdederich.pdf Stand: 04.08.2010 Mag. Christian Fehr Leiter IfS-Patientenanwaltschaft christian.fehr@ifs.at
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