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Ist Helfen eine Kunst? Ich habe zum Be- griff „Kunst“ ein bisschen recherchiert und Verbindungen zu uns im IfS, zu so- zialen Themen und Systemen gesucht. Daran möchte ich Sie gerne teilhaben lassen. Was macht die Kunst des Hel- fens aus? „Kunst kommt von Können“ Das Wort „Kunst“ wurde ursprüng- lich vom Verb „können“ abgeleitet und bedeutete „das, was man beherrscht; Kenntnis, Wissen“. Die Formulierung „Kunst kommt von Können“ findet sich nachweislich erstmals in Johann Gott- fried Herders Werk Kalligone aus dem Jahr 1800: „Kunst kommt von Können oder Kennen her (nosse aut posse), viel- leicht von beiden, wenigstens muss sie beides in gehörigem Grad verbinden. Wer kennt, ohne zu können, ist ein The- orist, dem man in Sachen des Könnens kaum trauet; wer kann, ohne zu kennen, ist ein bloßer Praktiker oder Handwer- ker; der echte Künstler verbindet bei- des.“ Dementsprechend bedeutet die Kunst des Helfens „Helfen können“. Dieses Können, das Beherrschen von gewissen Fertigkeiten ist auch für das Handwerk der SozialarbeiterInnen und Sozialpäd- agogInnen, der PsychotherapeutInnen und PsychologInnen von besonderer Wichtigkeit. Wir im IfS legen größten Wert darauf, dass unsere Mitarbeiter Innen Qualifikationen und eine stabile Persönlichkeit aufweisen, berufsspezi- fische Methoden beherrschen und fort- laufende Weiterbildungen sowie Super- visionen absolvieren, um jenen, die der Kunst des Helfens bedürfen, bestmög- lich helfen zu können und zugleich be- ruflich am Puls der Zeit zu sein. „Kunst kommt von Kennen“ Das dem Begriff „Kunst“ zugrunde- liegende „kunnan“ bedeutet neben „können“ zudem „kennen, wissen“. Die „Kunst des Helfens“ liegt also nicht nur darin, helfen zu können, sondern auch gut zu erkennen, wer Hilfe braucht und welche Art von Hilfe gebraucht wird. Denn ein Zuviel an Hilfe ist ebenso falsch, wie ein Zuwenig unverantwort- lich wäre. Wichtig ist zudem, zu erken- nen, wo und wann Hilfen aus dem Le- bensumfeld möglich sind und wann es professionelle Hilfe braucht, wo Hilfe an ihre Grenzen stößt, wann Dinge nicht in den eigenen Zuständigkeitsbereich fal- len und demzufolge andere Disziplinen hingezogen werden müssen, um den Hilfesuchenden jene Hilfe zukommen zu lassen, die sie benötigen. Deshalb wird im IfS großer Wert auf Zusammen- arbeit der einzelnen Fachbereiche und Interdisziplinarität gelegt. DesWeiteren wenden wir wissenschaftliche Metho- den an, um unsere Arbeit zu evaluieren und stetig zu verbessern. Es gilt, neue Erkenntnisse in unsere tägliche Berater- tätigkeit zu integrieren und das jeweils eigeneWissen stetig zu erweitern. „Kunst kommt von Künden“ Ein weiterer Aspekt der Kunst stellt – neben dem Können und dem Kennen – das Künden dar. So schrieb der Gra- fiker und Lehrer an der Hildesheimer Kunstgewerbeschule Fritz Röhrs in sei- nem Unterrichtsbuch: „Kunst kommt von Künden, Kunde geben, etwas ver- künden, erklären, deutlich machen, d.h. deuten [...] Die Gabe zu künden und dazu handwerkliches Können machen den Künstler aus.“ Die Kunst des Helfens beinhaltet dem- zufolge auch, öffentlich über die The- men und Lebensanforderungen der Menschen zu reden, insbesondere derer, die dies selbst nicht (mehr) können und die Gesellschaft auf soziale Probleme aufmerksam zu machen. Wir müssen ein Gespür dafür entwickeln, welche Themen der Aufmerksamkeit einer brei- ten Öffentlichkeit bedürfen. Es ist wich- tig, soziale Missstände aufzuzeigen, die Öffentlichkeit für soziale Themen und Problembereiche zu sensibilisieren und zu „verkünden“, was Menschen selbst (präventiv) für ihr Leben und ihre Gesundheit (im weitesten Sinne) tun können und wohin sich Menschen in sozialen und psychischen Problemla- gen wenden können. Wirksam ist Hilfe nur dann, wenn sie zugänglich ist, rasch und angemessen erfolgt und nur das verspricht (verkündet), was sie auch hal- ten kann. „Kunst kommt von Müssen“ „Kunst kommt nicht von Können, son- dern von Müssen“ schrieb der bedeu- tende Musiktheoretiker und Kompo- nist Arnold Schönberg im Jahr 1911 und meinte damit, dass Kunst nicht aus- schließlich als Ergebnis handwerklicher Fähigkeiten zu sehen sei, sondern als et- was, das zum Ausdruck kommen wolle und müsse. Die Kunst des Helfens ist somit nicht nur mildtätige Nächstenliebe, sondern gesellschaftliche Pflicht und banale Logik. Wozu braucht es sonst ein Ge- meinwesen, wenn nicht eben dazu, dass die Gemeinschaft ein besonderes Augenmerk auf jene legen muss, die „bedürftig“ sind oder etwas Besonde- res brauchen? Was passiert, wenn wir nicht helfen? Menschen fallen aus dem System, gehen verloren. Wir können de- ren Potentiale nicht nützen, haben hohe „Reparaturkosten“. Die sozialen Unter- schiede wachsen, der Aufwand für Si- cherheit und Schutz wächst, da wir uns plötzlich mit der Tatsache konfrontiert sehen, dass wir uns vor anderen Men- schen schützen müssen. Folglich macht es Sinn, zu helfen und wir tun das zu einem gewissen Teil auch um unserer selbst willen. In meinen Augen ist jeder Mensch mit seinen Fähigkeiten und Schwächen, sei- nen Besonderheiten und Problemen ein einzigartiges „Kunstwerk“ – ein Kunst- werk, in dem in unterschiedlichster Form das Helfen „gezeichnet“ ist. ● Die Kunst des Helfens Dr. Stefan Allgäuer IfS-Geschäftsführer
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