ifs_zeitschrift_1_13_sc

10 Kolumne Sie kennen das. Die Koffer sind gepackt. Die Fahr- karte liegt griffbereit in der Garderobe. Der Pass ist schon in der Umhängetasche. Sie gehen noch einmal alles in Haus oder Wohnung durch. Fenster geschlossen? Fernseher und Computer von Stand- by auf off gestellt? Wasserhahn bei der Waschma- schine zugedreht? Post und Zeitung abbestellt? Ein Aufbruch, wie wir ihn lieben. Offensichtlich geht es in den Urlaub. Und da sind Aufbrüche ja schon der halbe Urlaub. Allein die Vorfreude macht sich bezahlt. Aber es gibt auch andere Aufbrüche. Solche, die nicht geplant werden können. Jene von Flücht- lingen zum Beispiel. Ganz aktuell von jenen Men- schen, die aus Syrien flüchten müssen. Nur im Ein Aufbruch ... kann ganz verschiedene Gesichter haben Besitz jener Dinge, die sie ganz schnell zusammen- sammeln konnten. Habseligkeiten sagen wir dazu und wissen, dass das fast nichts ist. Wenn wir in den Urlaub fahren, dann nehmen wir meist mehr mit – und sind uns sicher, dass wir ein volles Haus oder eine volle Wohnung zurücklassen. Meist wür- den wir es kaum bemerken, wenn der Koffer bei der Rückkehr nicht ankommt. Zu voll sind unsere Schränke und Räume. Wer flieht, lässt alles zurück. Seine Wohnung, seine Heimat, Menschen, die ihm dort wichtig sind. Wenn wir aus dem Urlaub zurückkommen, dann erwarten uns solche Menschen. Wir können ihnen alles erzählen, was wir erleben durften. Aufbrechen tun aber auch Menschen, die sich Hilfe und Unterstützung durch eine Beratung, Therapie oder Behandlung erhoffen. Beraterinnen und Berater kennen das. Gleichgültig ob sie Menschen mit Schuldenproblemen, Eheschwie- rigkeiten, Erziehungsnöten oder existenziellen Sorgen beraten. Wenn sich jemand aufgemacht hat, um sein Anliegen vorzubringen, dann fällt das häufig schwer. Sich jemandem anzuvertrauen ist nicht immer leicht und erfordert viel Mut und Vertrauen. Wer aus dem Urlaub heimkommt, freut sich, wenn er alles wieder so vorfindet, wie er es verlassen hat, und wenn jemand da ist, mit dem er seine Erfahrungen teilen kann. Wer flüchten muss, hat Anspruch auf eine Umgebung, die ihm Sicherheit gibt. Und wer den Aufbruch in ein neues Leben durch eine Beratung wagt, dem gebührt Hochach- tung dafür, dass er vielleicht über seinen eigenen Schatten gesprungen ist und etwas wagt, das er sich davor nie hätte vorstellen können. ○ Offensichtlich geht es in den Urlaub. Aber es gibt auch andere Aufbrü- che. Jene von Flüchtlingen zum Beispiel. Peter Kopf Leiter ifs Schuldenberatung peter.kopf@ifs.at

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0