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wie 12 Einige nehmen schon länger Schlaftabletten oder Antidepressiva. Manche leiden unter körperlichen Beschwerden, obwohl sie organisch gesund sind. In unserer Gesellschaft erfahren viele Werte und Begriffe eine „Umwandlung“. So werden z.B. Selbstständigkeit und Freiheit zur Bedrohung, Kreativität und Innovation werden zur harten Anforderung, Selbstverwirklichung wird zur Überforderung. Zunehmend hat sich in unserer Gesellschaft der Glaube verankert, dass jeder, der etwas wirklich will, es auch schaffen kann. Man muss nur „richtig wollen und positiv denken“. In zahlreichen Ratge- bern wird dies so dargestellt und den LeserInnen vorgegaukelt, dass auch sie alle Probleme lösen werden, wenn sie die Ratschläge richtig umsetzen. Die Folgen dieser sozialen und emotionalen Über- forderungen sind häufig körperliche, psychosoma- tische und seelische Erkrankungen. Reden befreit Das Beratungsangebot im ifs Fachbereich Erwach- senenberatung kann diese Negativentwicklung unterbrechen. „Reden befreit“ – das Sprechen mit anderen Menschen war schon immer ein Grundbedürfnis. Gemeint ist damit ein wirkliches Gespräch, kein bloßer „Smalltalk“. In unseren Beratungen achten wir die Würde jeder Klientin und jedes Klienten. Wir stärken die Ressourcen und Kompetenzen. Die Wertschätzung und der respektvolle Umgang mit den KlientInnen ist eine Voraussetzung dafür, dass Menschen ihre Selbst- regulierung wieder erlangen. Wir unterstützen unser Klientel dabei, die spezifischen Aufgaben und Herausforderungen, welche die jeweiligen Lebensabschnitte an sie stellen, zu erkennen und annehmen zu können. In den Beratungsgesprä- chen beginnen die KlientInnen, über sich selbst nachzudenken. Dies ist eine grundlegende Basis, damit sie ein Bewusstsein über ihr Leben entwi- ckeln und damit eine eigenständige Haltung zu ihren Lebensentscheidungen einnehmen können. Unsere fachliche Arbeit hilft den Menschen, ihre eigene körperliche, emotionale und geistige Belast- barkeit wieder zu erkennen und Überlastung zu vermeiden. ○ Dipl. Psych. Brunhilde Reichl Leiterin ifs Erwachsenenberatung brunhilde.reichl@ifs.at In der Arbeit mit Frauen und Mädchen, die sexu- elle Gewalt erlebt haben, geht es zumeist darum, das Geschehene aufzuarbeiten. Aufarbeitung stellt immer auch einen Aufbruch dar und kann dabei je nach Person ganz unterschiedlich ausse- hen: Während die eine Frau sich intensiv damit befasst, es verstehen und analysieren möchte, will die andere möglichst wenig darüber reden und nur die Körperreaktionen wie Nervosität, Schlaflosig- keit etc. in den Griff bekommen. Positive Zielformulierung Oft werden die Ziele als Negation formuliert: nicht mehr daran denken müssen, keine Schlafstö- rungen, keine Schmerzen, keine Sexualstörungen, keine Flashbacks mehr. In der Beratung versuchen wir, diese Ziele positiv zu benennen: Anstatt „keine Schlafstörungen“ vielleicht „Ich schlafe abends, wenn ich ins Bett gehe, ein und wache in der Früh erfrischt und ausgeruht auf“. Anstatt „keine Sexualstörungen, keine Flash- backs mehr“ die positive Formulierung „Ich kann meinemMann meine sexuellen Bedürfnisse mit- teilen, mit ihm schlafen, dabei nur an uns beide denken und sexuelle Befriedigung erleben“. Prävention durch Aufarbeitung Für viele Betroffene ist Prävention wichtig. Sie möchten, dass keine Kinder mehr missbraucht werden und wollen vor allem ihre eigenen Kinder schützen. Manche reagieren als Mutter eher über- ängstlich und sehen mögliche Gefahren sofort, andere jedoch sehen sie gar nicht. Diese sogenann- ten „blinden Flecken“ entstehen gemäß unserer Erfahrung dann, wenn die eigene Geschichte nicht aufgearbeitet, sondern verdrängt wurde. Deshalb ist Verarbeitung sehr wichtig. Und da Missbrauch – nicht nur, aber auch – ein körperliches Gesche- Vom Schatten zurück ins Licht. Aufarbeiten von sexuellem Missbrauch „Es war und jetzt ist es vorbei. Es gehört zu meiner Geschichte – wie andere Ereignisse auch.“

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