ifs_zeitschrift_1_13_sc

wie 22 Bis zu meinem 7. Lebensjahr habe ich mit meinen Eltern und Geschwistern in Russland gelebt, wo zu dieser Zeit Krieg herrschte. Im Jahre 2003 sind wir nach Österreich geflüchtet. Ich habe in dieser Zeit viel gesehen und gelernt. Aber meine Erinne- rungen sind nicht – wie viele erwarten – schlimm. Für mich war es eine Lehre. Ich habe gelernt, mit Situationen wie diesen umzugehen. Meine Hoffnung war, dass ich in Österreich ein besseres Leben haben werde, aber der Anfang war ziemlich schwer. Nach der Volkschule habe ich mir vorgenommen, eure Sprache zu lernen. Ich war fest entschlossen und habe es innerhalb eines Jahres geschafft, weil der Wille da war. Denn die- ser ist bei mir wie ein brennendes Feuer, das nicht erlischt. Ich nehme mein Leben jetzt selbst in die Hand. Ich bin von zuhause weg gegangen, weil es zu Gewalt gekommen ist. Ich habe zum ersten Mal eine Ent- scheidung getroffen, ohne dass es mir jemand ausreden konnte. Natürlich hoffe ich, dass das Verhältnis zu meiner Familie besser wird, aber ein Zurück gibt es nicht. Jetzt heißt es für mich weiter kämpfen und das Ziel nicht aus den Augen lassen. Mein Ziel ist es, eigenständig zu werden und das Beste aus der Situation zu machen. Denn ich habe keine Zeit, negativ zu denken. Ich trage einen Rucksack voll mit Steinen – da meine Gedanken immer positiv sind, habe ich mir vorgenommen, aus diesen Steinen ein Haus zu bauen. Dieses Haus muss nicht das schönste sein, es reicht, wenn ich einen Schutz habe. Irgendwann liegen in diesem Rucksack schöne Steine, mit denen ich mein Haus verschönern werde. Das AbW ist genau das, was ich brauche. Ich will auf meinen eigenen Beinen stehen. Falls ich in das AbW kommen sollte, will ich mein Leben neu beginnen. Mir ist es wichtig einzusehen, welche Menschen in meinem Leben wirklich eine große Rolle spielen, den Kontakt mit meiner Familie zu verbessern, vieles, das ich in meiner Kindheit verpasst habe, nachzuholen. Das Schöne im Leben zu sehen! In sechs Monaten will ich zurückse- hen und mir selber sagen, dass ich eine Kämpferin bin, weil ich, obwohl es so schwer war/ist, alles, was mir am Herzen liegt, geschafft habe. ○ Ich nehme mein Leben jetzt selbst in die Hand. Bewerbungsschreiben für eine Betreuung durch das Ambulant betreute Wohnen einer 16-Jährigen Wissen ifs Ambulant betreutes Wohnen eröffnet Jugendlichen in eigens angemieteten Wohnungen die Möglichkeit, ein selbständiges Leben unter fachlicher Betreuung zu erproben. Die Jugendlichen erhalten Unterstützung in ihrer persönlichen Entwicklung, insbe- sondere bei der Gestaltung und Bewältigung ihres Alltages. Infos bei: andrea.hilbe@ifs.at

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0