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27 Sommer 2013 was mich umgibt, ich sehe das Ganze, die Auswir- kungen auf Tierwelt, Umwelt usw. Das Neue muss nicht immer das Bessere sein. Was wird aufgebrochen? Und wird beim Auf- bruch auch etwas zerstört? Geht etwas zu Bruch? Stefan K: Der Hochmut wird zerstört. Das große Ego wird aufgebrochen und bekommt den ihm gebührenden Platz. Rund ummich herum werden auch Beziehungen zerstört, da sich in dieser Phase der Energielevel ändert. Andrea G: Es staut sich vieles an, man schluckt so lange, bis irgendwann der Vulkan ausbricht. Wie beim Ausbruch eines Vulkans wird rundherum so manches zerstört. Dies lässt sich nicht verhindern. Was kann nach dem Aufbrechen von Visionen und Sehnsüchten schlussendlich umgesetzt und realisiert werden? Stefan K: Für mich ist das Wichtigste, dass die sozialen Kontakte und die Liebesbeziehungen befriedigend sind. Was ich bei diesem Aufenthalt begrif- fen habe, ist, dass das System Psychiatrie nicht hinters Licht geführt werden kann. Das konnte ich zuvor leider nicht realisieren. Andrea G: Um beim Bild des neuen Ufers zu blei- ben: Die neue Landschaft kann so ausschauen, dass man sich gegenseitig stärkt, sich die Hand reicht. Wichtig ist, dass man über alles reden kann. Am wichtigsten sind für mich die Beziehungen zur Familie, zu den Enkelkindern und zu meinen Freundinnen. Aber wenn ich daran denke, was geändert werde muss, dann fällt mir ein, dass ich immer schon Sängerin werden oder in einem Chor mitsingen wollte. Träume nicht dein Leben – lebe deinen Traum. ○ Mag. Christian Fehr Leiter ifs Patientenanwaltschaft christian.fehr@ifs.at Wissen ifs Patienten­ anwaltschaft ist auf Grundlage des Unter­ bringungsgesetzes als Rechts­ beistand für PatientInnen im Landeskrankenhaus Rankweil tätig. Hauptaufgabe ist die Vertretung von PatientInnen, die ins psychiatrische Kran­ kenhaus eingewiesen oder in einem Zwangskontext behan­ delt bzw. betreut werden. In Deutschland steht Hartz IV für ein restriktives System der Berdarfsprüfung in Fällen von Erwerbslosigkeit bzw. Armut. In Österreich ist die bedarfsorientierte Mindestsi- cherung weitestgehend damit vergleichbar. Bei beiden werden die Systeme der Notstandshilfe, des Arbeitslosengeldes, der Pension und der Krankenversi- cherung zusammengelegt. Wer auf Hartz IV angewiesen ist, gerät in die „Armutsmaschine“, bemerken die Kritiker: Es gibt weniger Bezüge, eine schlechte Betreuung und die Zahl der Arbeits- losen veringert sich nicht wirklich. Udine Zimmer beschreibt in ihrem eben erst erschienenen Buch „Nicht von schlechten Eltern“ ihre Kindheit und Jugend in materieller Armut und wie sie es schaffte, ein Studium zu absol- vieren, obwohl ihre Eltern Hartz-IV-Empfänger sind. Sie stammt, wie sie selbst sagt, aus der Unterschicht und beschreibt ihre Kindheit als eine verzichtreiche Welt der Transferleistungen, wie es sich anfühlt, groß zu werden ohne Sonn- tagsbraten, Familienurlaube, Freizeitparks und Capri-Sonne-Trinkpäckchen. Ihre Eltern hätten trotz allem ihre Würde bewahrt. Dennoch beein- flusst die Sozialhilfe bis heute deren Leben und damit auch das ihre. Sie hat gekämpft und an das große Versprechen der Gesellschaft geglaubt, dass Bildung Türen öffnet und Schranken niederreißt. Aber das war naiv. Das Studium habe ihr genau 16.537,60 Euro Schulden (BaföG) gebracht – Stipen- diengelder, die sie zurückzahlen muss. Was es tatsächlich heißt, in unserer Gesellschaft ohne Geld und damit Teilhabe groß zu werden, weiß aber fast niemand. Undine Zimmer Nicht von schlechten Eltern S. Fischer, 2013 Undine Zimmer: Nicht von schlechten Eltern. Meine Hartz-IV-Familie Buchtipp

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