ifs_zeitschrift_1_15_sc

wie 30 Wo stehe ich heute? Wenn mir auf- gegangen ist, dass ich so wie bisher nicht weiterleben will –, dass ich zu meinem bisherigen Leben besten- falls ein halbes Ja sagen kann –, wenn mir aufgegangen ist, dass die Schule, die Klinik, die Universität, der Wirtschaftszweig, der Beruf, der Chef, die Mitarbeiter, die Haus- gemeinschaft, die Familie, kurzum: dass die Außenwelt mich selbst, also meine Innenwelt, mehr bestimmt, als mir lieb und zuträglich ist – dann sollte ich mich zuerst fra- gen, was aus mir bisher geworden ist, wo ich jetzt stehe, wie es mir heute geht und ob ich wirklich freier werden will. In jedem von uns steckt so viel wartendes Leben, das darauf drängt, endlich leben zu dürfen! „Warum nicht“, sagen enge Freunde, wenn wir mit all unserer Leidenschaft davon erzählen, wie wir nach unserer Idealvorstellung leben möchten, was wir ändern, welche Chancen wir ergreifen, wie wir unsere Fähigkeiten besser einsetzen würden. Warum nicht all unsere Möglichkeiten nutzen und das scheinbar Unmögliche wagen? Für ein wahrhaftiges, sinnerfülltes und selbstbe- stimmtes Leben gibt es zwei Voraussetzungen: Wir müssen begreifen, dass wir nicht auf Hilfe von außen warten dürfen, wenn wir unser Leben verändern wollen. Und wir müssen erkennen, dass unser Dasein begrenzt ist. Uwe Böschemeyer, Schüler Viktor Frankls, ruft dazu auf, mutig zu handeln. Wir müssen Bilanz ziehen und uns fragen: Haben wir bislang genug gesucht, gelebt, geliebt – haben wir das Wesent- liche gefunden? Uwe Böschemeyer Warum nicht Ecowin Verlag, 2014 Uwe Böschemeyer Warum nicht Über die Möglichkeit des Unmöglichen Was ist eine Lebenswende? Eine einschneidende Veränderung, ein Wandel? Immer wieder gibt es Einschnitte im Leben. Manche führen wir selbst herbei. Aber auch eine Krise kann einen solchen Einschnitt bewirken. Und die Bewältigung der Krise kann zu einemWandel in die Richtung einer gewünschten Entwicklung führen. Im Opferschutz dürfen wir Menschen begleiten, die von einem traumatischen Ereignis aus der Spur herausgeschleudert wurden. Traumata sind Ereignisse (Verletzungen des Körpers und/oder der Seele), die zu viel, zu rasch, zu plötzlich kom- men und die meisten Menschen völlig aus der Fas- sung bringen. Ich denke da an eine junge Frau, die sich nach einem traumatischen Erlebnis zurück- zog, ihre Beziehung abbrach, nicht mehr arbeiten konnte und sich vor Angst kaummehr aus dem Haus traute. Die Angst hat ihr Leben immer weiter eingeengt. Die entscheidende Wende Eines Tages beschloss sie jedoch, dass sie das nicht weiter zulassen möchte, dass sie sich nicht weiter einschränken lässt. Sie meldete sich zur Psycho- therapie an. Heute sagt die junge Frau, dass dieser Punkt die entscheidende Wende brachte. Sie kon- frontierte sich mit der Angst und überwand sie so Schritt für Schritt. Es wurde ihr bewusst, dass ihre bisherige Arbeit sie nicht wirklich befriedigt hatte. Sie orientierte sich neu und fand eine Arbeit, bei der sie sich besser entfalten und ihre Kreativität einbringen konnte. Sie betrachtete ihre Freundschaften kri- tisch nach dem Kriterium, welche ihr wirklich wertvoll sind, beschloss, diese Freundschaften zu pflegen und die anderen, die eigentlich nur ober- flächlich waren, zu beenden. Es wurde ihr klar, dass sie ihren Mann wirklich liebt und er sie auch. In der Konfrontation mit sich selbst gelang es ihr, sich mehr zu öffnen, authentischer in der Begeg- nung zu werden und dadurch ihre Beziehung zu ihremMann zu intensivieren, das Vertrauen zu Konfrontation mit der eigenen Angst Schritt für Schritt kann es gelingen, eine positive Wende herbeizuführen.

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0