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wie 12 Ich mache nächstes Jahr meine Matura und musste im Rahmen der Schule ein Sozialprakti- kum absolvieren. Es hat mich einiges gekostet, um es möglich zu machen, meine Zeit Flüchtlingen zu widmen. Aber ich bin sehr froh, dass es mir er- möglicht wurde, diese Erfahrungen zu machen. Das Haus Lustenau des ifs beherbergt eine Gruppe von männlichen jugendlichen Flüchtlingen, die aus Afghanistan stammen. Und so konnte ich einen kleinen Einblick in die Lebensweise von Afghanen bekommen. Meine Aufgabe sollte es sein, einfach Zeit mit den Jugendlichen zu verbringen. Deutsch lernen, Kochen, Freizeitgestaltung... Klar… Aber gleich am ersten Tag am eigenen Leib zu erfahren, wie sport- lich die Jungs sind? Ich gehe nicht oft zu Fuß und dann gleich einmal quer durch Lustenau gejagt zu werden… Ich war ziemlich fertig an diesem ersten Abend. Strukturierter Tagesablauf Man merkt gleich, wie geregelt das meiste abläuft: Jeden Tag gibt es einen festen Küchen- und Putz- dienst. Die Jugendlichen müssen selbst ihre Lebensmittel ein- kaufen gehen, die dann sofort zu speziellem afgha- nischen Essen verarbeitet werden. Zwar war ich der „Geldverwalter“, dennoch mussten die Jungs eher mir den Weg und den Standort der Lebensmittel im Discoun- ter zeigen. Einmal kauften wir Hähnchen. Da ist nichts dabei. Denkt man eigentlich. Aber wenn Sie einmal dabei zusehen durften, wie L. so ein Hähnchen auseinandernimmt… Er weiß eindeutig, was er tut, bei so einer Schnelligkeit und geübten Handgriffen. Die Geschichten dahinter zu erfahren, war noch beeindruckender. Viele Fähigkeiten mussten die Jungs sich auf dem langen Weg nach Österreich aneignen, um alleine zu überleben. Was es zum Essen gab, musste von mir zumindest probiert werden, wobei auch einige für mich ungewöhn- liche Dinge auf den Tisch kamen. Joghurt essen sie beispielsweise fast zu allem und Muffins sind „nicht gut“, während Bananen kistenweise benö- tigt werden. Hausaufgaben und viel laute Musik Die Jungs wurden abhängig von ihrem Können in zwei Lerngruppen eingeteilt und besuchen täglich den Deutschkurs. Unter ihnen waren auch zwei Analphabeten. Schon in den ersten Tagen war ich einmal mit ihnen in ihrem Unterricht und erstaunt, wie viel sie eigentlich in so kurzer Zeit schon gelernt hatten. Sie müssen, zurück im Jugendhaus, wie jeder normale Schüler Haus- aufgaben machen, bei denen ich zuweilen helfen musste. Schwierigkeiten, wie „b“ und „d“ zu unter- scheiden, führen dabei oft zu Verwirrung bei der Ein Haus voller Leben Bericht über mein Sozialpraktikum im Haus Lustenau „Viele Fähigkeiten mussten die Jungs sich auf dem langen Weg nach Öster- reich aneignen, um alleine zu überleben.“

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