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25 Frühling 2016 bewusst, dass alle Staaten zusammen „Wir alle“ sind. Dann wurde ich traurig, da mir klar wurde, dass mein Denken sehr engstirnig ist. Ich ging davon aus, dass mit „Wir alle“ Vorarlberg gemeint ist. Echt extrem, dass ich so dachte! Omar: Du sprichst mir aus der Seele – extrem ist das richtige Wort, extremmühsam aber doch wiederum ein sehr lehrreiches Thema. Doch eines ist sicher, Philipp wird sagen: „Das war doch ein Klacks!“ Philipp ist ein Streber, er weiß immer alles besser. Er behandelt uns oft wie seine Untertanen. Du hast recht Antonia, auch mir wurde klar, dass „Wir alle“ nicht nur ein Land/Staat sein kann. Und genau genommen nervt mich Philipp oft, aber er ist auch ein Teil von „Wir alle“. Antonia: Bring mir Philipp lieber nicht in den Sinn. Ich höre diesen Satz ständig! Wenn ich nur daran denke, werde ich schon wütend. Dem gehört doch gesagt, dass er so was von extrem eingebildet ist. Es stimmt Omar, er ist ein Teil von unserer Gesell- schaft, doch dies fällt mir schwer zu akzeptieren. Gott, dieser Philipp. Omar: Würde meine Mutter dieses Gespräch hören, würde sie jetzt sagen: „Omar, er ist nicht eingebildet, er ist intelligent und wird es im Leben zu etwas bringen!“ Für mich ist es schlimm, dass sie kein Verständnis dafür hat, dass ich nicht Phi- lipp sein kann. Ich bin ich! Antonia: Auwei Omar, lass den Kopf nicht hängen, irgendwann wird sie sehen, wie großartig du bist. Und ja, du bist du! Auch ich bin ich! Omar: Eigentlich sind wir doch alle extrem, wir sind alle anders. Jeder einzelne muss lernen zu akzeptieren, dass wir alle anders sind – dass wir alle nach dem Extremsein schreien. Wir dürfen ja genau genommen nicht mehr extrem sein! Das habe ich in meinen Aufsatz geschrieben und stehe auch dahinter. „Wir alle“ haben verschiedene Hautfarben, sprechen verschiedene Sprachen, glauben an verschiedene Götter, sind geflüchtet, führen Krieg und leben unsere Traditionen und Kulturen – gemeinsam sind wir alle extrem vielseitig und sollten deshalb gemein- sam, im positiven Sinne, extrem unterwegs sein! Antonia: Ich stimme dir voll und ganz zu! In meinem Aufsatz habe ich das Zitat von Irina Rau- thmann einfließen lassen, das ich zum Thema passend finde. „Ich liebe die Andersartigkeit der Menschen, die ihr Anderssein authentisch leben. Sich äußerlich zeigen durch Klei- dung, Haartracht oder andere sichtbare Zeichen. Oder durch ihr Handeln, das sie an den Tag legen, ohne die geringsten Anzeichen der Frage: ,Was mögen die anderen denken?‘ Ich liebe diese Echt- heit, auch wenn sie manchmal nicht in mein Bild der Welt passt.“ Omar: Es stimmt, gleich welche Gottheit wir anbe- ten, wir sind alle Menschen dieser Erde. Ich bin überwältigt, wie extrem vertieft wir ins Thema „Wir alle“ gerade sind und beide unser tägliches Ritual ausgeblendet haben. Ich will dir auch heute sagen, dass ich dich liebe mein Schatz. Darum fordere ich jeden Einzelnen dazu auf, zur eigenen Persönlichkeit zu stehen. Ich würde sogar sagen, Sie dürfen seltsam sein und nicht in übliche Bilder unserer Gesellschaft passen. Aus den ver- schiedensten Blickwinkeln betrachtet sind wir doch alle seltsam und wir sind gemeinsam unter- wegs. Sollten wir nicht öfter wertschätzen, was wir haben, und lernen, mit der Angst umzugehen, seltsam unterwegs zu sein? Das ist eine Herausfor- derung, eine extreme Herausforderung sozusagen für uns alle. ○ Benjamin Gunz ifs Haus Hohenweiler benjamin.gunz@ifs.at „Wir alle haben ver- schiedene Hautfarben, sprechen verschiedene Sprachen, glauben an verschiedene Götter – gemeinsam sind wir alle extrem vielseitig und sollten deshalb gemein- sam, im positiven Sinne, extrem unterwegs sein!“ „Darum fordere ich jeden Ein- zelnen dazu auf, zur eigenen Persönlichkeit zu stehen. Ich würde sogar sagen, Sie dür- fen seltsam sein und nicht in übliche Bilder unserer Gesell- schaft passen. Aus den ver- schiedensten Blickwinkeln betrachtet sind wir doch alle seltsam und wir sind gemein- sam unterwegs.“
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