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wie 6 Wenn wieder die politische Rechte die Macht ergreift, indem sie in mehreren europäischen Län- dern die Wahlen gewinnt, wäre das das endgültige Scheitern Europas. Ein Scheitern „unserer“ Werte nach 1945. Die Wiederkehr der Nationalismen und die Ausgrenzung und Verfolgung unliebsamer Gruppen wären die katastrophale Folge. DIE FREMDE Der Fremde sein, fremd werden, fremd bleiben sind Erfahrungen, die auf Menschen einen Reiz ausüben. Fernweh und Heimweh, Neugierde auf das/die Fremde und Weltschmerz am Fremdsein sind ästhetische Kategorien und Gegenstand der Reiseliteratur. Die Fremde ist bedrohlich und verlockend zu- gleich, heimlich und auch unheimlich. Ausziehen um das Fürchten zu lernen, sich selbst fremd wer- den und heimkehren, ein „principium individuacio- nis“ 4 , Bildung bürgerlicher Subjektivität. In Hegels Phänomenologie des Geistes 5 muss der Geist, das Bewusste, sich erst entfremden, um zu sich selbst zu kommen. Die Erfahrung des Reisenden, der sich mit Genuss dem Fremden hingibt und im Spiegel des Fremden Distanz und Selbsterkenntnis gewinnt, ist ein Topos der Literatur des 19. Jahrhunderts. Auf- bruch, Verzauberung und Entzauberung, Über- druss, Melancholie und Langeweile und das Glück der Heimkehr – nie enden wollendes Thema der Geschichten. Der edle Wilde wird romantisch ver- klärt und ist für die zivilisationsmüden Europäer ein fiktiver Sehnsuchtsort. Erinnern sie sich an die exotischen Bilder vom Zauber der Südsee Paul Gauguins. Traurige Tropen. Die Kehrseite der Medaille der Idealisierung der Fremde ist der Kolonialismus, der Imperialismus, die raue Wirklichkeit der Emigrationen, die Macht- übernahme des Kontinents der Europäer. Ein Teil der Bevölkerung Europas brach im 19. Jahrhun- dert auf in die neue Welt, nach Amerika. Es waren Flüchtlinge sind Menschen, die voller Hoffnung vor Not und Elend die Strapazen der Flucht auf sich nehmen.
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