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13 Frühling 2017 Der Schüler selbst ziehe sich immer mehr zurück. Gesprächsangebote mit der Beratungslehrerin nehme er nicht an. Die Eltern seien für die Schule praktisch unerreichbar. Ob es sich in diesem fingierten Fall wohl um eine Gefährdung des jungen Mannes handelt? Ist er gar schon radikal? Wenn ja, ist es sinnvoll in irgendei- ner Form auf ihn einzuwirken? Und wer kann hier was übernehmen? Anzeichen einer Radikalisierung Zu den Anzeichen einer Radikalisierung zählen u. a. Sozialer Rückzug, Änderung der Gewohn- heiten (z. B. plötzliche Religiosität), Bekehrungsak- tivitäten, Verherrlichung von Gewalt, Verschwö- rungstheorien, Fanatismus, Ausreisepläne in kriegsführende Länder u.v.m. ifs Extremismusprävention Im Auftrag des Landes Vorarlberg stellt das ifs seit Kurzem zwei Experten für Extremismusprä- vention zur Verfügung, die Ansprechpersonen für Gefährdungsfragen, Abklärungen in Einzelfällen und erste Interventionsschritte sind. Unter der Nummer 05-1755-507 können Anfragen telefo- nisch an die Extremismusprävention gerichtet werden. Von Montag bis Freitag ist diese Nummer zwischen 9:00 und 17:00 Uhr durchgehend erreich- bar. Zusätzlich können Anfragen per E-Mail an die Adresse extremis- muspraevention@ ifs.at gesendet wer- den. Alle Anfragen werden möglichst zeitnahe beant- wortet. Claudia Wielander und Benjamin Gunz stehen verunsi- cherten Eltern, Angehörigen, Lehrpersonen, sozi- alen Institutionen etc. mit Fachwissen kompetent zur Seite. ○ Benjamin Gunz Claudia Wielander, MSc ifs Extremismusprävention Warum radikalisieren sich Jugendliche, die weder aus beson- ders schwierigen Verhältnissen stammen, noch als ungewöhnlich religiös bekannt waren, inner- halb kürzester Zeit zu gewalt- bereiten Islamisten und wollen fortan in Syrien oder hierzulande in den Dschihad ziehen? Warum gelingt es islamischen Funda- mentalisten weltweit so leicht, moderate Muslime unter Druck zu setzen, weil sie nicht islamisch genug seien? Fethi Benslama, der 15 Jahre in der Pariser Vor- stadt mit radikalisierten Jugendlichen gearbeitet hat, zeigt in seinem wegweisenden Essay, dass weder theologische noch soziologische Erklä- rungsansätze ausreichen, sondern psychologisch gefragt werden muss, welchen seelischen Gewinn die Einzelnen aus der islamistischen Radikalisie- rung ziehen: Nur wenn wir begreifen, welcher bis zur Tötung von anderen und sich selbst treibende Genuss die Täter motiviert, lassen sich Gegenmit- tel finden. Benslama demonstriert eindrucksvoll die Aufklä- rungskraft der Psychoanalyse und zeigt, wie sich in den muslimischen Gemeinschaften das Ideal des Übermuslims etablieren konnte, demman bis zur völligen Aufopferung nacheifern muss. Er zeigt aber auch, warum die bloße Deradikalisie- rung die zugrunde liegenden Probleme nicht besei- tigen wird, und schlägt andere Lösungsansätze zur Überwindung des Übermuslims vor. Überra- schenderweise gibt ihm dafür gerade der Blick auf den von vielen als gescheitert betrachteten „Ara- bischen Frühling“ Anlass zu einer optimistischen Perspektive. Fethi Benslama Der Übermuslim Matthes & Seitz Berlin 2017 Fethi Benslama Der Übermuslim Was junge Menschen zur Radikalisierung treibt Aus dem Französischen von Monika Mager und Michael Schmid Wissen ifs Extremismus- prävention ist Ansprechpartner für Gefährdungsfragen und von Montag bis Freitag zwischen 9:00 und 17:00 Uhr durchge- hend erreichbar. Telefon 05-1755-507 extremismuspraevention@ifs.at Buchtipp

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