ifs_zeitschrift_1_17_sc
5 Frühling 2017 kann. Doch das Thema ist sehr facettenreich. Wir alle verstehen etwas anderes unter dem Begriff „Respekt“ und erwarten uns etwas anderes von respektvollem Verhalten. Jemandem Respekt zu zollen, der eine besondere, bewundernswerte Eigenschaft oder Fähigkeit besitzt bzw. einen wahrnehmbaren Unterschied aufweist, ist relativ leicht. Doch jemandem Respekt entgegenzubringen, von dessen Welt man im Begriff ist, sich abzulösen, um seine eigene Identität zu entwickeln, den man in Frage stellt, ja stellen muss, stellt diesbezüglich ein schwie- riges Feld dar. Es ist Aufgabe von Jugendlichen, erlernte Wertehaltungen zu überprüfen und in Frage zu stellen. Somit funktioniert es kaum und wenn dann nur kurzfristig, sich auf Respekt via Elternschaft zu verlassen. Insgesamt können sich immer weniger Leute in punkto Respekt auf ihr Amt berufen. Dies funktioniert weder in der Fami- lie, noch in der Schule und auch nur schlecht im Berufsleben. Um respektvoll zu handeln, bedarf es einer bewussten empathischen Leistung. Es geht darum zu beachten, was dem anderen wichtig ist, was mein Gegenüber antreibt und warum es das so macht. Es geht darum, sich selbst zurückzuneh- men und den anderen in den Fokus zu stellen. Sich für ihn zu interessieren. In die Welt des anderen eintauchen Respekt muss also bedeuten, den anderen und seine Bedürfnisse verstehen und berücksichtigen zu wollen, wie auch in seine Welt einzutauchen und sich ihm emotional zuzuwenden. Es geht aber auch immer darum, die Eigenständigkeit zu för- dern und zu fordern, vielleicht auch als Ausdruck dafür die Welt des Gegenübers zu respektieren. Respekt bedeutet, im Gespräch zu bleiben und sich Kontexte, die aus eigener Kraft nicht erschließbar sind, erklären zu lassen und nicht eigene Maß- stäbe anzulegen, Ratschläge zu verteilen und diese als richtig zu bewerten. Respekt drückt sich auch in Kleinigkeiten aus: jemanden ausreden lassen oder vor Entscheidungen andere Meinungen einholen. Als Vorgesetzte, Eltern, Entscheidungsträger geht es auch immer darum, Einschnitte bei sich selbst vorzunehmen und für Dinge geradezustehen. Das zollt einerseits Respekt, bringt aber auch den Respekt von Kindern und Mitmenschen mit sich. Sprachlos gegenüber der Jugend Jugendliche schaffen sich Räume, welche einen Ort der Selbstbehauptung und Ein- bindungsformen erlauben. Die Gespräche und Aktivitäten dort werden zu positiven Aushand- lungsfeldern von Identität und so kann sozialer Wettstreit erfolgen, wo jeder seinen Einsatz wagen kann. Es geht um nichts weniger als um Ansehen, Respektabilität und Anerkennung. Medien vermitteln über Jugendkulturen oft nur die skandalisierenden Aspekte. Sie reduzieren Inhalte und Themen der Jugendkulturen auf Pro- bleme wie Gewalt und Drogen. Erwachsene wer- fen den Jugendlichen vor allem Sprachlosigkeit und Eskapismus vor und merken dabei nicht, dass sie selbst gegenüber der Jugend sprachlos gewor- den sind. Sie kapitulieren vor der Vielfalt und Man- nigfaltigkeit von Jugendlichen und deren jugend- kulturellen Szenen. 1 Sie verschließen sich vor deren Welten und reagieren mit Bewertung und Missverstehen. Dabei spielt Respekt und somit ein Hinschauen und ein Verstehenwollen eine sehr wichtige Rolle im Alltag von Jugendlichen. Es bedeutet auch Achtung, Höflichkeit, Fairness, Anerkennung, Autorität, Toleranz, Vorsicht und Prestige. Respektloses Verhalten dagegen kann mit den Begriffen Geringschätzung, Herablassung, Demütigung, Missachtung, Kränkung oder Misshandlung beschrieben werden. Anerkennung unabdingbar für gute Entwicklung Respekt durch andere ist für Jugendliche und deren gute Entwicklung unabdingbar, er ermöglicht Jugendlichen ganz allgemein ein verbessertes Selbstbild. Calmbach und Borgstedt 2 argumentieren, dass besonders für bildungsferne Jugendliche die Anerkennung ande- rer Menschen wichtig sei, da ihr Selbstwertgefühl aus ihren negativen Erfahrungen heraus oft sehr „Es ist Aufgabe von Jugendlichen, erlernte Wertehaltungen zu über- prüfen und in Frage zu stellen. Somit funktio- niert es kaum und wenn dann nur kurzfristig, sich auf Respekt via Eltern- schaft zu verlassen.“ „Respekt muss also bedeu- ten, den anderen und seine Bedürfnisse verstehen und berücksichtigen zu wollen, wie auch in seine Welt ein- zutauchen und sich ihm emo- tional zuzuwenden.“ „Medien vermitteln über Jugendkulturen oft nur die skandalisierenden Aspekte. Sie reduzieren Inhalte und Themen der Jugendkulturen auf Probleme wie Gewalt und Drogen.“
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0