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wie 8 Jede zwischenmenschliche Beziehung wird genährt durch einen behutsamen Umgang mit dem jeweils anderen. Achtsamkeit in der Begeg- nung und für die Situation, Empathie, Akzeptanz aufgezeigter Grenzen und eine wertschätzende Sprache gehören somit zu den grundlegenden Qualitäten in der Arbeit mit und für andere Men- schen. Menschlich wertvolles Handeln ist das Ziel der Sozialen Arbeit, unabhängig in welchen Fach- bereichen eine Person tätig ist. Eine ganzheitliche Wahrnehmung der Person und der Situation, die mehr als nur das Sehen miteinbezieht, muss des- halb immer wieder bewusst gemacht werden. Immultikulturellen Miteinander von Klientinnen in der ifs FrauennotWohnung laufen die Mitar- beiterinnen wie auch die Klientinnen, aber auch deren Kinder immer wieder Gefahr, missverstan- den zu werden. Kennen wir die jeweiligen Codes der unterschiedlichen Kulturen, um Verhalten „richtig“ deuten und auf dieses reagieren zu kön- nen? Kennen wir die individuellen Bedürfnisse der Kinder, um deren Verhalten richtig einschätzen und regulierend eingreifen zu können? Achtsame Begegnung bedeutet aber auch, kritisch sein zu dürfen, weil nicht alles akzeptiert und tole- riert werden soll. Fehlende Toleranz, individuelle Kränkungen und Nöte, Hoffnungslosigkeit und fehlende Ressourcen sind immer wieder „Nähr- boden“ für neuerliche „Übergriffe“ von und durch Personen, die selbst erlebt haben, wie es ist, Opfer zu werden. Achtsamkeit im Erstkontakt Wir können erst dann über eine Aufnahme in die FrauennotWohnung entscheiden, wenn wir über den Gewaltübergriff bzw. über die Ängste der Klientin in Kenntnis gesetzt werden. Viele Klient­ innen haben zu diesen Themen – Gewaltübergriff und Angst – keinen Zugang. Traumatisierende Folgen können zu diesem Phänomen führen. Man- che Klientinnen entscheiden aber ganz bewusst, bestimmte Inhalte der schambesetzten Erfah- rungen nicht weiterzugeben – und das ist ihr gutes Recht. Zuerst muss die Frau in Sicherheit sein, es muss Zeit und Raum geben, um eine Vertrauens- beziehung aufbauen zu können. Erst dann ist es für die Klientin möglich, mehr von sich zu zeigen, Demütigungen anzusprechen und die Ursachen der Ängste zu benen- nen. Manchmal erfahren wir beim Abschlussgespräch mehr als während des gesamten Aufenthaltes in der FrauennotWoh- nung. Erst am Ende, beim Auszug aus unserer Institution, ist es der Klientin möglich, uns einen Begegnungen in der Krise Chancen des Lernens und Erweitern der Handlungskompetenz „Diese Schranken werden selten mündlich kom- muniziert, sondern es ist die Körperhaltung, der Gesichtsausdruck, der Blick ins Leere, wel- cher uns einmahnt, das Gewaltthema zu beenden.“

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