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wie 20 imMunde geführt. Und trotzdem hat das nie zu einem Abbau der Berührungsängste zur Psychiat- rie geführt. Gibt es Gründe für diese Berührungsängste zur Psychiatrie? Sehr vielen Frauen, die Gewalt in der Paarbezie- hung erleben, wird mit der Psychiatrie gedroht: „Du bist verrückt! Ich lasse dich einweisen! Dir glaubt sowieso keiner.“ Ihre Glaubwürdigkeit und psychische Gesundheit werden in Zweifel gezogen. Wenn man diese Frauen auf das unterstützende Angebot der Psychiatrie aufmerksammacht, ist die Hürde sehr groß. Doch mittlerweile haben sich in Deutschland erste modellhafte Kooperationen entwickelt. Österreich ist meines Wissens bereits einen Schritt weiter, was die Zugänglichkeit zu therapeutischer Unterstützung betrifft. Es ist wichtig zu beachten, wie sehr die psychische Gesundheit unter Gewalt leidet. Vor allem bei Kindern ist das körperliche und psychische Gedei- hen stark beeinträchtigt, wenn sie Gewalt in der Paarbeziehung der Eltern erfahren. Das Leben in Unsicherheit und Angst, mit bedrohlichen Situ- ationen, einer instabilen Mutter und in der Folge einer zusammenbrechenden Versorgungsstruktur ist für Kinder hochgradig gefährdend. Das Frauenhaus verlangt von den Bewohnerinnen sehr viel Selbstverwaltungs- und Selbstorganisati- onskraft, was auch richtig ist: selbst mit Sorge für das Haus, für die Kinder, die eigene Lebensorgani- sation und Zukunft tragen. Es ist richtig, dass das Frauenhaus das alles verlangt, denn das Frauenhaus ist keine Klinik und nicht alle Frauen, die Gewalt erleben, müssen hospitalisiert werden, das wäre völlig falsch. Aber wenn sich Gewalt traumatisch auswirkt, was eher häufiger als seltener der Fall ist, dann gibt es eine Menge gewaltbetroffener Frauen, die diesen Anforderun- gen nicht gerecht werden kön- nen. Und wir alle wissen um die stark bindende Kraft von Trau- mata. Das heißt, die traumati- sierende Wirkung von Gewalt kann dazu führen, dass das weitere Verbleiben beim Gewalttäter oder die Rückkehr zu ihm die einzig denkbare Perspektive ist. Dies wiederum bedeutet, es braucht eine stärkere Zusammenar- beit zwischen jenen, die im Schutz- und Beratungs- bereich tätig sind und über ein fundiertes Wissen bezüglich Gewalt in Paarbeziehungen verfügen, und jenen, die sich auf Traumata spezialisiert haben und über spezifische diesbezügliche Kom- petenzen verfügen. Der Aufenthalt im Frauenhaus muss mit einer externen Traumatherapie kombi- niert werden. Liegt ein zukünftiger Schwerpunkt in der Frauen- hausarbeit darin, die Kooperationen nach außen zu stärken? Ja, vor allemmit dem Gesundheitsbereich – in Bezug auf die körperliche und psychische Gesundheit der Betroffenen und in Bezug auf die Herausforderung, ein problematisches Bewäl- tigungsverhalten in konstruktivere Bahnen zu lenken. Beispielsweise wenn Frauen aufgrund ihrer Gewalterfahrungen zu viele beruhigende Medikamente zu sich nehmen. Oder wenn diese einen problematischen Alkoholkonsum aufweisen – um zu ertränken, zu betäuben oder wenn sie zum Mittrinken mit einem trinkenden Gewalttäter genötigt werden. Dies ist ein individuelles Bewälti- gungsverhalten, das destruktiv und gesundheits- schädigend ist. Auswege werden gebraucht. Doch in vielen Frauenhäusern gibt es Aufnahmeregeln, die zwar Frauen mit einem gewissen Medikamen- tenkonsum tolerieren, trinkende Frauen aber nicht aufnehmen. Es stellt sich die Frage, wo diese Frauen Schutz finden. Der gesamte Suchtbereich kann Beratung und Unterstützung bieten, aber keinen Schutz, selbst Suchtkliniken nicht. Oftmals sind Kinder von häuslicher Gewalt mit-, wenn nicht sogar selbst betroffen. Wie wird man im Frauenhaus den Bedürfnissen der Kinder gerecht? Ich denke, das hängt stark von den jeweiligen Kindern ab, die da sind. Die Kinder brauchen Platz, Spiel und Anregung, Sprachförderung und eine Person, die sich ihnen zuwendet. Die Kinder brauchen jemanden, dem sie erzählen können, was ihnen passiert ist. Am allerbesten ist es, wenn sie in Gruppen mit anderen Kindern zusammen sind, die das gleiche erlebt haben, denn der alters- gemäße Austausch ist sehr wichtig. Und alle brauchen eine kinderärztliche Abklärung ihres Gesundheitsstatus und eines möglichen Bedarfs an therapeutischer Unterstützung. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist das Thema „Häusliche Gewalt“ vermehrt ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Gibt es Wissen ifs Opferschutz Wer Gewalt erlebt, hat das Recht auf Hilfe und Unterstützung. Denn niemand hat es verdient, Gewalt zu erfahren. ifs FrauennotWohnung - das Frauenhaus in Vorarlberg Rund um die Uhr erreichbar Telefon 05-1755-577 frauennotwohnung@ifs.at ifs Gewaltschutzstelle Telefon 05-1755-535 gewaltschutzstelle@ifs.at

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