ifs_zeitschrift_1_18

21 Sommer 2018 noch weiterhin Bedarf, die Bevölkerung zu sensibilisieren? Ich denke schon. Aber es müsste auf eine ent- dramatisierende Art und Weise passieren. In der Öffentlichkeit sind immer nur die eskalierten Gewaltgeschichten zu finden, Meldungen über Mord und Totschlag. Der Alltag häuslicher Gewalt wird nicht thematisiert. Aber eine Diskussion über Gewalt in Paarbezie- hungen, die der Heterogenität die- ser Gewalt gerecht wird, ist von großer Bedeutung. Nicht alle Gewalt führt ins Frauenhaus. Gewalt in Paarbe- ziehungen ist nicht immer körperlich verletzend, sondern vielmehr psychisch beeinträchtigend und passiert häufig auch gegenseitig. Wir benötigen eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie Menschen vernünftig miteinander umgehen und wie Konflikte geregelt werden kön- nen. Es ist wichtig, dass man von klein auf lernt, Beziehung zu leben, Kompromisse zu schließen, vernünftig miteinander zu sprechen. Daneben aber braucht es die Diskussion über Gewalt, die den Geschlechterverhältnissen geschuldet ist, die kontrollierend und beherrschend ist, die unterwer- fen will und deswegen auch sehr häufig körperlich verletzend und richtig gefährlich werden kann. Wie gehen Kollegen und Kolleginnen miteinander um? Weshalb kann das Geschlechterverhältnis in der Firmenhierarchie noch immer zu einer Benachteiligung bis hin zu Übergriffen führen? Warum werden Frauen immer noch schlechter bezahlt? Es ist generell wichtig, darüber nachzu- denken, wie die Gesellschaft heute und zukünftig mit Gewalt gegen Frauen und Gewalt in der Part- nerschaft umgeht. ○ Vielen Dank für das Gespräch. Das Gespräch führte lic.phil. Alexandra Breuß. „Wir benötigen eine gesell- schaftliche Diskussion darüber, wie Menschen vernünftig miteinander umgehen und wie Kon- flikte geregelt werden können. Es ist wichtig, dass man von klein auf lernt, Beziehung zu leben, Kompromisse zu schlie- ßen, vernünftig mitei- nander zu sprechen.“ Das Gewaltschutzgesetz trat in Österreich imMai 1997 in Kraft und wurde zum Vorbild für gleichartige Gesetzgebung in Europa und darüber hinaus. 20 Jahre Gewaltschutzgesetz und Gewaltschutzzentren in Österreich zeugen von einer revolutionären Entwicklung im Bereich der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, häuslicher Gewalt bzw. Gewalt in Beziehungen, Gewalt im sozialen Nahraum und Stalking. Die Zuwendung zum Gewaltopfer sowie die Implementierung von Opferrechten und des Opferschutzes in die behördlichen und justiziellen Verfahren sind Mei- lensteine in der Geschichte dieses Gesetzes. Der Sammelband bietet einen Überblick über jene Rechtsbereiche, in denen diese gesetzliche Errungenschaft Fuß fasste und Gewaltprävention, Opferhilfe und Opferschutz kontinuierlich ausge- baut wurden. Zudem beinhaltet dieses Werk eine Bestandsaufnahme, Analyse und einen Einblick in die Umsetzung und Praxis der Gewaltschutzarbeit in Österreich und deutet an, worin weitere Poten- tiale und Bedarfe bestehen. MMag. Angelika Wehinger, Mitarbeiterin der ifs Gewaltschutzstelle, wirkte an der Entste- hung des Buches mit und verfasste den darin veröffentlichten Artikel „Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung – Opfer häuslicher Gewalt im Spannungsfeld“. ○ Mariella Mayrhofer/Maria Schwarz-Schlöglmann (Hrsg.) Gewaltschutz Verlag Österreich 2017 Mariella Mayrhofer/ Maria Schwarz-Schlöglmann (Hrsg.) Gewaltschutz 20 Jahre Gewaltschutzgesetz und Gewaltschutzzentren/ Interventionsstellen Buchtipp Prof. Dr. Barbara Kavemann Dipl. Soziologin

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0