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wie 22 diese Umstände mach(t)en das Leben von Familien zur Zerreißprobe. Die gesellschaftliche Teilhabe ist (war) marginal, was für das Fortkommen sowohl der Eltern als auch der Kinder extrem hin- derlich ist. Der Lebensraum der Familie wurde ebenso wie das soziale Umfeld zumMittelpunkt der Arbeit. „Dazu- gehören“ stellte von Anbeginn an ein wichtiges Thema dar, denn wir erlebten immer und immer wieder, wie schwer es für Familien mit mangeln- den Ressourcen ist, am normalen „gesellschaft- lichen“ Leben teilzuhaben. Schulveranstaltungen, Kindergeburtstage, Eintritte fürs Schwimmbad oder das Kino, angemessene Bekleidung, aber auch schon eine gute Jause konnten zum Problem wer- den, wenn die finanziellen Mittel nicht vorhanden waren. All diese Dinge fallen schnell auf und die Kinder werden zu Außenseitern. Ein Netz für Kinder Im Laufe der Jahre erkannten wir die Notwendig- keit, unsere Beratungstätigkeit bei den Familien zu Hause um einige (Gruppen-)Angebote zu erwei- tern. Mit der Gründung des Netz für Kinder im Jahr 1996 wurde es möglich, mit zwei sozialpäda- gogischen Gruppen zu starten. Seither tragen die Gruppen wesentlich zum Ausbau der sozialen Fer- tigkeiten der Kinder bei. Diese Art zu lernen war und ist eine nachhaltige Form der Vernetzung und ermöglicht es Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahren, sich in einem geschützten Rahmen zu erproben und weiterzuentwickeln. Auch das Suchen und Begleiten von Ehrenamtlichen im ganzen Land, die zahlreiche Kinder in ihrer Freizeit fördern und fordern, ist ein Teil der Arbeit, die uns das Netz für Kinder ermöglicht. Zudem konnte mithilfe des Netz für Kinder 2011 das Kinderhaus talENTE eröffnet werden, in dem schulpflichtige Kinder ganzjährig von sozialpäda- gogisch ausgebildetem Personal intensiv betreut wurden. Nachdem die Betreuungseinrichtungen Die Idee, nachgehende Arbeit für belastete Fami- lien anzubieten, war etwas Außergewöhnliches, als im Jahr 1987 die als Projekt angelegte „Sozial- pädagogische Familienarbeit“ mit nicht einmal ganz zwei Planposten in Bludenz startete. Damals bestand eine Kluft zwischen den Angeboten der Beratungsstellen im freiwilligen Bereich und der Arbeit der Jugendämter (heute Kinder- und Jugendhilfe) im Zwangsbereich. Die Vermitt- lung zwischen den beiden Angeboten gestaltete sich als schwierig und es galt, neue Wege zu beschreiten. Gefährdete Kinder waren dem Jugendamt bekannt, es fehlten aber die Ressourcen für eine intensive Arbeit mit den betrof- fenen Familien. Eine Koopera- tion zwischen öffentlichen und privaten Trägern bot sich als Lösung an. Diese entwickelte sich gleichzeitig im Ober- (Familienarbeit) und Unterland (Vorarlberger Kin- derdorf). Fortan konnten die Jugendämter Kinder und deren Familien an private Träger zuweisen, damit diese im Sinne der „Unterstützung der Erzie- hung“ und der „Sicherung des Kindeswohls“ nach- gehend tätig wurden. Sich über Wasser halten trotz widriger Umstände Nachgehend heißt – damals wie heute – zu den Menschen zu gehen, Angebote zu machen, die im Sinne des Kindeswohls nachhaltig wirken. Denn die Ressourcen belasteter Familien reich(t)en oft nicht aus, um sich selbst auf den Weg zu machen und Unterstützung zu suchen. Viele die- ser Familien sind (waren) mit Existenzsicherung beschäftigt, sich über Wasser halten trotz wid- riger Umstände. Die alltäglichen Bedürfnisse der Kinder, die steigenden materiellen Anforderungen, die gesellschaftliche Entwicklung zu Patchwork- Familien, die fehlenden Ausbildungen, der Druck in der Schule, der Kampf am Arbeitsmarkt – all (Zw)Angebot Zwischen Freiwilligkeit und Zwang – 30 Jahre ifs Familienarbeit „Wir erlebten immer und immer wieder, wie schwer es für Familien mit mangeln- den Ressourcen ist, am nor- malen ‚gesellschaftlichen‘ Leben teilzuhaben.“
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