ifs_zeitschrift_1_18

wie 28 hab‘ ich mich dann sicher gefühlt.“ oder „Die [Poli- zistinnen und Polizisten] sind in meiner Wohnung. Die sind jetzt hinter meinem Vater her. Heißt das jetzt, dass wir ihn endlich loswerden? Ich habe mich wirklich erleichtert gefühlt, ich habe gedacht‚ boah, so frei.“ Ein dringender Wunsch der Kinder und Jugend- lichen ist, von der Polizei während solcher Ein- sätze wahrgenommen zu werden. Die Intensität und auch die Form der gewünschten Wahrneh- mung variiert allerdings stark. Manchen Kindern und Jugendlichen reicht ein kurzer Blickkontakt, andere möchten intensiv in allen Phasen des Ein- satzes eingebunden sein. Wahrgenommen-Werden bedeutet für die Kinder und Jugendlichen auch, mit Sätzen der Polizei wie „Keine Angst, wir sind da, wir machen das für euch, wir kennen das alles.“ beruhigt zu werden, um ihre große Angst ver- ringern zu können. Und Kinder und Jugendliche verstehen unter Wahrgenommen-Werden, ernst genommen und über das Vorgehen der Polizei auf- geklärt zu werden. Die Tatsache, dass der Gefährder die Wohnung zu verlassen hatte und auch nicht mehr zurückkeh- ren durfte, schildern alle befragten Kinder und Jugendlichen als große Erleichterung, was sie bei- spielsweise mit „Wir haben uns einfach im Leben gefühlt“ ausdrücken. Allerdings ist für einige die Situation im Außen gefährlicher geworden. Sie befürchten, dem Gefährder im öffentlichen Raum zu begegnen und dadurch möglicherweise wie- der seinen Attacken ausgesetzt zu sein. Ein Kind beschreibt, jedes Mal Todesangst zu haben, wenn es seinem Vater begegnet. Als Strategie, um solche Begegnungen zu vermeiden, verlassen manche der befragten Kinder und Jugendlichen über längere Zeit die Wohnung überhaupt nicht mehr oder nur noch für wichtige Wege. Eine Jugendliche dazu: „[…], ich hab‘ so viel Angst gehabt, ich bin locker ein paar Tage nicht außer Haus gegangen, weil ich so Angst gehabt hab‘, dass der Papa mich irgendwo Kinder und Jugendliche, die Gewalt in der Familie erleiden müssen, erleben nach einem Polizeinot­ ruf auch, dass die Polizei zu ihnen nach Hause kommt und ein sogenanntes Betretungsverbot für den Gefährder ausspricht (Polizeieinsatz nach §38a Sicherheitspolizeigesetz). Dieser darf dann über einen Zeitraum von 14 Tagen nicht mehr in die Wohnung zurück. Aber wie erleben Kinder und Jugendliche solche Einsätze und welche Bedürfnisse haben sie dabei? Diese Fragen haben die beiden Sozialforscher­ innen Sandra Messner und Andrea Hoyer-Neuhold im Rah- men ihrer dreijährigen KIRAS- Studie mit dem Titel „EinSatz“ bearbeitet. Außerdem unter- suchten sie, wie einschreitende Polizistinnen und Polizisten Kinder und Jugendliche bei sol- chen Einsätzen wahrnehmen. Unterstützt wurden sie dabei von der ifs Gewaltschutzstelle Vorarlberg, vom Gewaltschutz- zentrum Steiermark, von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie sowie vom Bundesministerium für Inneres. Finanziert hat diese Untersuchung das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Insgesamt wurden in dieser im deutschsprachigen Raum erstmaligen Untersuchung 30 Kinder und Jugendliche und 20 Polizistinnen und Polizisten befragt. Kinder und Jugendliche erleben die Polizei bei sol- chen Einsätzen mehrheitlich positiv. Sie beschrei- ben sie bereits in der Anfangsphase des Einsatzes als „Rettung“ und erzählen, schon während des Einsatzes ein Gefühl von Sicherheit und Erleich- terung verspürt zu haben: „Und neben der Polizei „Und neben der Polizei hab‘ ich mich dann sicher gefühlt.“ Studienergebnisse zu Kindern und Jugendlichen bei Polizeieinsätzen nach Gewalt in der Familie „Kinder müssen genug miterleben und sehen und nur weil man da irgendwie jünger ist und […] nicht das große Ganze im Auge hat, heißt das nicht, dass man nicht gut wahrgenommen hat, was passiert ist oder sich bewusst ist, was pas- siert. […] Ich finde es auf jeden Fall sinnlos, das Kind nicht anzusprechen, weil die genauso beteiligt sind wie die Erwachsenen.“

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0