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31 Sommer 2018 Wissen um Folgen von Traumatisierung und lebensgeschichtliche Belastungen eine Grundhal- tung mit dem Fokus auf Stabilität und Salutoge- nese die Basis aller Interventionen ist. Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik (BAG-TP) beruht diese Haltung auf fünf Säulen, die gleichzeitig die Ausgangslage aller Interventi- onen bilden. Die Annahme des guten Grundes Um Traumata zu überleben, ent- wickeln Kinder und Jugendliche bestimmte (oft ina- däquat scheinende) Verhaltensweisen. Beispiele hierfür sind selbstverletzendes Verhal- ten, körperliche und seelische Grenzüberschrei- tungen, Dissoziation, Sucht, explosive oder extrem unterdrückte Wut usw. Diese Reaktionen stören in der Regel Betreuungspersonen, andere Klienten und das soziale Gefüge massiv. Durch die auftre- tende Belastung fällt es Betreuern sehr schwer, ein solches Verhalten als notwendige Überlebens- strategie zu verstehen, vor allem wenn keine Per- spektive besteht, dass sich hier in Zukunft etwas ändern wird. Traumapädagogik versucht gezielt, die Verhaltensweisen zu reduzieren oder kon- struktiv umzulenken. Damit erhalten Betroffene und Betreuungspersonen ein gemeinsames Ziel, zu dessen Weg eben auch die belastenden Verhaltens- weisen gehören. Der sichere Ort in mir Traumapädagogische Arbeit zielt auf die Entste- hung eines „sicheren Ortes“ ab. Anfangs soll dies in den äußeren Rahmenbedingungen der angebo- tenen Betreuung erfolgen. Dadurch sollen Selbst- wertgefühl und die gespürte Selbstwirksamkeit der Kinder und Jugendlichen wachsen. Destruk- tive Kognitionen und Einstellungen werden kor- rigiert und damit schlussendlich ein sicherer Ort „in mir“ geschaffen, der nach Verlassen der Maß- nahme weiterhin tragfähig bleiben soll. Die aktive Beteiligung Das Gefühl von Autonomie, Kompetenz und Zuge- hörigkeit kann nicht kognitiv vermittelt, sondern nur gelebt werden: in vielen kleinen Schritten im Alltag, im sozialen Miteinander und durch stark ritualisierte Tagesstrukturen. Die Erfolge werden nach und nach den eigenen Stärken zugeordnet und die wahrgenommene Kontrolle über das eigene Leben bringt die Klienten in die Selbst- verantwortung – sich selbst und den anderen gegenüber. Die verlässlichen und berechenbaren Partner Der Leitspruch vieler betroffener Jugendlicher lautet: „Ich kann niemandem vertrauen und mich auf keinen verlassen!“ Um diese Urprägung bestä- tigt zu bekommen, treiben Betroffene ihre Helfer oft soweit an die Grenzen, bis ein Miteinander unmöglich wird und sich die Prophezeiung – wie- der einmal – bestätigt. Trotzdemmuss beharrlich das Gefühl von Berechenbarkeit und Transparenz vermittelt werden, damit das alte Skript geändert werden kann. Ziel ist es, eine innere Stabilität zu schaffen und so selbst verlässlicher Partner zu werden – anderen und sich selbst gegenüber. Das Finden von (neuem) Sinn und Freude am Leben Alle genannten Maßnahmen haben einen Ort, wo sie umgesetzt werden: das Leben. Neben positiven Perspektiven und gestärkten Resilienzfaktoren braucht es aber noch das Erlernen und Üben scheinbar einfacher Grund- fähigkeiten: selber aktiv ins Tun kommen, den Alltag sinn- voll und mit guter Balance zu gestalten, Sinn und Freude zu entdecken, den eigenen Stär- ken und Talenten zu folgen und daraus auch eine beruf- liche Zukunft zu schaffen. Das hat viel mit Aktivität, Aus- probieren und Machen zu tun. Den Jugendlichen hier Ideen und Möglichkeiten zu bieten, Phasen der Resignation gemeinsam durchzustehen und Alternativen zu entwickeln prägen diese Unter- stützungsmaßnahmen. ○ „Ziel ist es, eine innere Stabilität zu schaffen und so selbst verläss- licher Partner zu werden – anderen und sich selbst gegenüber.“ „Den Jugendlichen Ideen und Möglichkeiten zu bieten, Pha- sen der Resignation gemein- sam durchzustehen und Alternativen zu entwickeln prägen diese Unterstützungs- maßnahmen.“ Alise Böni

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