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wie 4 „Solidarität ist der soziale Kitt, der die Menschen zusammenhält“, postulierte der französische Soziologe Émile Durkheim. Zusammenhalt bedeu- tet Verbundenheit zwischen Mitgliedern einer Gruppe, ermöglicht es, Stabilität zu erfahren und ein „Wir-Gefühl“ zu entwickeln. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs und der großen Veränderungen. Die Welt scheint „aus den Fugen“ zu geraten. Zahlreiche Herausforderungen wie Digitalisierung, Globalisierung, Klimawandel, schwindende Ressourcen, wachsende Ungleich- heit oder Migration und Flüchtlingsströme sind zu bewältigen. Es entsteht etwas Neues und diese Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Das ist eine große Chance für uns alle. Aber Neues ist zuerst einmal fremd und Fremdes kann bei Men- schen verschiedene Ängste auslösen. Angst vor Terrorismus, Angst vor Flüchtlingen, Angst davor sozial abzusteigen, Angst am Arbeitsplatz von Maschinen ersetzt zu werden, Angst davor, dass wir das Klima an die Wand fahren usw. Erosion des sozialen Zusammenhalts Die Erosion des sozialen Zusammenhalts ist eines der gesellschaftlichen Kernprobleme unserer Zeit. Sie fördert extreme politische Strömungen, delegitimiert politische Entscheidungen und bedroht die öffentliche Ordnung sowie den sozialen Frieden. Die Anzeichen dafür, dass sozialer Zusammenhalt in westlichen Demokratien schwindet, äußern sich in sinkendem Vertrauen in die Politik, mangelnder Solida- ritätsbereitschaft unter den Bürgerinnen und Bürgern sowie wachsender Ungleichheit in der Gesellschaft. Politisch extreme Positionen versprechen ein- fache Lösungen auf komplexe Fragestellungen. Rückzug, Abgrenzung, das Erschaffen von Feind- bildern und die Radikalisierung der Sprache schei- nen bei vielen Menschen auf fruchtbaren Boden zu stoßen. Auf politischer Ebene sehen wir dies an Beispielen wie dem Brexit oder an der Tatsache, dass immer mehr Regierungen und Parteien wei- ter an den rechten Rand rücken. Die anstehenden Herausforderungen national statt gemeinsam anzugehen, scheint en vogue zu sein. In Bezug auf gesellschaftliche Verantwortung ist unsere Zeit geprägt von hohem Eigennutzdenken und mangelnder Solidarität. Doch im Sinne der Bewältigung der gegenwärtigen gesellschaft- lichen Herausfor- derungen muss die Maxime „sich um einander küm- mern“ oder anders formuliert „Zusam- menhalten!“ lauten. Wir müssen ver- suchen Solidarität herzustellen, um Ausgrenzung zu minimieren. Dies lässt sich nicht erzwingen und wir sind alle gefordert, die Rahmenbedin- gungen zu verbessern, damit sich Zusammenhalt besser entfalten kann. Gelingendes Miteinander, nicht nur friedliches Nebeneinander Eine Vielfalt an Lebensstilen, Kulturen und Religi- onen macht die Herstellung von Zusammenhalt in der Gesellschaft anspruchsvoller, aber sie ist kein Hindernis für ein gelingendes Miteinander. Die Einübung in Vielfalt dient dem Abbau von Fremd- heitserfahrungen und Ängsten. Das jedenfalls Wir können nur gewinnen Gemeinsam gegen die Erosion des sozialen Zusammenhalts „Die Erosion des sozialen Zusammenhalts ist eines der gesellschaftlichen Kern- probleme unserer Zeit. Sie fördert extreme politische Strömungen, delegitimiert politische Entscheidungen und bedroht die öffentliche Ordnung sowie den sozialen Frieden. “ „Wenn gesellschaftliches Miteinander mehr als ein friedliches Nebeneinander sein soll, braucht es daher Gelegenheiten zu Kontakt und Austausch zwischen den Angehörigen verschie- dener Gruppen. Gegen- seitiger Respekt und die Anerkennung unterschied- licher Werthaltungen sind eine wichtige Basis für einen solchen Dialog.“

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