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wie 8 Wie wird also die Versorgung der Einheimischen imHinblick auf soziale Anliegen gemanagt? Ein Bedürftiger, der an der Kirchentür klingelt und sagt, er habe kein Geld, der Lohn sei noch nicht bezahlt, das Haus sei voller Kinder, fällt auf. Er ist mit Sicherheit nicht aus dem Tal, da ein Großteil der Talbewohner das große Netz der Angebote kennt. Familie, Freunde und Nachbarn regeln vieles selbstlos und verantwortlich für Betroffene, aber es braucht auch professionelle Hilfen. Die Gemeinde Mittelberg legt des- halb großen Wert auf gute Zusammen- arbeit zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen. Schon vor vielen Jahren führte sie regelmäßige Tref- fen ein, sodass die unterschiedlichen Institutionen in Aus- tausch treten kön- nen. Das soziale Netz im Kleinwalsertal ist groß und auch die Vernetzung vor Ort: Sozialrefe- rat, ifs, Lebenshilfe, MOHI, Krankenpflegeverein, Hospizverein, Kriseninterventionsteam, aks Kin- derdienste, Psychotherapeuten, Ärzte, über 40 Vereine, Seniorenberatung, Sozialpädagogische Familienhilfe Sonthofen, Familienpflegewerk, Caritas Suchtberatung und noch weitere soziale Dienstleister sind hier fest verankert. Es wurden Vernetzungen mit dem angrenzenden Allgäu geschaffen, um Versorgungslücken zu schließen und ein möglichst lückenloses Angebot für die Menschen – vom Kleinkind bis zu den Senioren – zu schaffen. So ist seit 2018 der Sozialpsychiat- rische Dienst (SPDI) aus Immenstadt regelmäßig im Kleinwalsertal und begleitet Menschen mit psychischer Erkrankung sowie deren Angehörige. Diesen Bedarf konnte das Kleinwalsertal nicht aus eigenen Reihen decken, doch er wurde aufgezeigt und in Zusammenarbeit zwischen ifs Sozialarbeit Kleinwalsertal und Gemeinde Mittelberg konnte eine Lösung gefunden werden. Wie steht es um das Ehrenamt? Freiwillige, ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer, lassen sich im Kleinwalsertal gut finden. Es gibt zahlreiche Menschen, die ein Ehrenamt selbstverständlich ausfüllen: sei es Nachbarschaftshilfe oder Vereinsarbeit oder die Arbeit in Projektgruppen für Veranstaltungen. Auch in der Offenen Jugendarbeit des ifs Klein- walsertal spielen Zusammenhalt und Verantwort- lichkeit eine große Rolle. Viele Programmpunkte und Veranstaltungen wären ohne ehrenamtliche Mitarbeiter nicht umsetzbar. Beim Sommerferien­ programm sorgen jährlich über 40 begeisterte ehrenamtliche Mitarbeiter für ein buntes und viel- fältiges Kinderprogramm. Seit über einem Jahr gibt es eine Nähwerkstatt, in deren Rahmen sich Jugendliche einmal imMonat mit ehrenamtlichen Näherinnen treffen und gemeinsam nähen. Eine glückliche Konstellation – die Jugendlichen lernen nähen, die ehrenamtlichen Frauen können mit viel Freude ihr Wissen weitergeben und erleben dabei Sinnerfüllung. Besonders wichtig sind der Zusam- menhalt und der ehrenamtliche Einsatz auch bei allen Jugendveranstaltungen. Ob bei Partys, beim Nachtflohmarkt oder bei Jugendausflügen – alle Veranstaltungen sind auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen. Ohne sie wären diese Jugendveranstaltungen nicht durchführbar. Auch soll im Kleinwalsertal kein Kind, kein Jugendlicher, kein Erwachsener aufgrund finan- zieller Schwierigkeiten ausgeschlossen werden. Neben Spendengeldern der Gemeinde gibt es zwei Stiftungen und viele private Sponsoren, die groß- zügig unterstützen. Hilfsbereitschaft, Solidarität, Spendenbereit- schaft und Ehrenamt werden im Kleinwalsertal aktiv gelebt. Dieser gute Zusammenhalt gepaart mit professioneller und politischer Unterstützung führt zu einer funktionierenden Gesellschaft. Denn jeder Einzelne spürt dadurch, dass man mit persönlichem Engagement beteiligt ist und etwas bewegen kann. Unerwähnt soll natürlich nicht bleiben, dass eine enge Gemeinschaft auch Gefahren des Ausschlus- ses mit sich bringt: Wer darf dazugehören? Was ist, wenn ich im Strom nicht mitschwimme, wenn ich kein Ehrenamt ausfülle? Doch das wäre ein Thema, das an anderer Stelle ausführlicher behan- delt werden könnte. ○ Ulrike Müller, FH ifs Sozialarbeit Kleinwalsertal ulrike.mueller@ifs.at Simone Rundel, BA ifs Offene Jugendarbeit simone.rundel@ifs.at „Und weil die Hilfe von außen oftmals nicht kommt, hat das Kleinwalsertal eigene Lösungen geschaffen, um zusammen zu ‚überle- ben‘ – die harten Winter, die Touristenströme mit hohen Ansprüchen, Hilfe bei Naturkatastrophen. Der Zusammenhalt aus einer Not heraus funktio- niert sehr gut.“

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