ifs_zeitschrift_2-11

www.ifs.at Seite 10 Vor etwa eineinhalb Jahren begann mein Sohn David * damit, massive Probleme zu bereiten – nicht von einem Tag auf den anderen, nein, die Probleme haben sich schön langsam eingeschlichen. Man erwartet selbst nicht, je in eine solch schwierige Situation zu geraten. Als dies bei mir der Fall war, als es zu- nehmend schwieriger wurde, fühlte ich mich einfach nur hilflos. Ich war überfordert, ich bemerkte, dass mir mein Kind mehr und mehr entglei- tet, dass ich nicht mehr an ihn ran komme. David hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert, hat seine Lehre abgebrochen, ist ag- gressiv geworden – auch mir gegenüber, was eigentlich gar nicht seiner Art entsprach. Ich habe Angst bekommen, habe mir große Sorgen um David gemacht, denn diese neue Person war eigentlich nicht mehr mein Kind. Ich habe ihn nicht mehr erkannt. Meine Ängste wurden immer größer, denn ich wollte meinen Sohn nicht verlieren. Ich bin alleinerziehend und als ich nicht mehr weiter wusste, habe ich mir Hilfe gesucht. Die Jugendwohlfahrt hat mich an das IfS verwiesen, wo ich die drin­ gend benötigte Unterstützung erhielt. Anfangs wurden viele Gespräche ge­ führt und ein langer, schwieriger Weg begann. Ich musste immer wieder Rück­ schläge einstecken. Zu Beginn hofft man, dass sich alles sehr schnell wieder einrenkt. Es gab eine Zeit, in der sichmein Sohnwieder normal ver­ hielt, aber eigentlich waren das nur eini­ ge wenige Momente. Er war mehr oder weniger nur noch unterwegs, war kaum noch zu Hause. Gespräche zwischen uns haben nicht mehr stattgefunden, es gab keine gemeinsamen Mahlzeiten mehr – auf all das hat er keinen Wert mehr gelegt. Im IfS hat man uns dann auf das An­ gebot des Jugend-Intensiv-Programms hingewiesen, ein Projekt, in dessen Rah­ men die Jugendlichen für längere Zeit ins Ausland fahren. David erhielt das Angebot, an diesem Programm teilzu­ nehmen, was er sofort angenommen hat. Ich habe lange Zeit befürchtet, dass er noch vor Beginn des Jugend-Inten­ siv-Programms abspringen wird, denn in dieser schwierigen Zeit hat er so oft Dinge zugesagt und dann doch nichts eingehalten. Ich habe mir viel von seiner Teilnahme versprochen. Ich war von Anfang an der Meinung, dass David gut versorgt ist, wenn er in einem fremden Land unter ständiger Betreuung und Aufsicht ist. Diese Vorstellung weckte ein Gefühl von Sicherheit in mir. Wenigstens für einige Wochen würde er gut versorgt sein. Ich war sehr dankbar, als der Tag der Ab­ reise kam. Der Abschied von David fiel mir nicht schwer. Ich war einfach nur froh, dass er weg geht – weg aus seinem Umfeld. Und ich hatte die Hoffnung, dass er dank des JIP eine Chance erhält, auf den richtigen Weg zurückzukom­ men. Während David im Ausland war, erhielt auch ich eine intensive Betreuung durch die MitarbeiterInnen des JIP. In dieser Zeit gab es viele Tränen – ich habe oft geweint und mich gefragt, ob das je­ mals wieder gut wird. All die Kleinigkei­ ten, die sich in der schwierigen Zeit vor seiner Abreise ereignet haben, kamen wieder hoch. Und dann habe ich neben der Angst plötzlich Wut und auch Hass verspürt. Ich war voller Wut und Hass. Der ständige Wechsel zwischen Angst und Wut hat mich zeitweise an meine Grenzen getrieben. Ich hatte das Ge­ fühl, dass ich einfach nicht mehr kann. Erst durch „meinen“ therapeutischen Begleiter des JIP, der mir zur Verfügung stand, ging es mir zusehends besser. Ich habe mich jedes Mal auf den Termin mit ihm gefreut, war so froh, dass ich dort„Die Wut hat mir geholfen, meine Angst zu überwinden!“ Ein JIP-Erfahrungsbericht einer betroffenen Mutter

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0