ifs_zeitschrift_2-11

www.ifs.at Seite 18 Ich erinnere mich an ein Gespräch, das kürzlich stattgefunden hat. Die Mutter einer beinahe 30-jährigenTochter drück- te aus: „Wissen Sie, ich habe Angst, was mit meiner Tochter geschieht, wenn ich einmal nicht mehr bin oder wenn ich nicht mehr die Kraft habe, mich um sie zu kümmern und sie zu unterstützen.“ Dieses Thema beschäftigt wohl alle Eltern von Kindern mit Behinderung. Gleichgültig wie alt ihr Kind auch sein mag. Die Angst scheint sich jedoch mit zunehmendem Alter von Eltern und de- ren Kinder zu potenzieren. Angst und Sorge um das Wohlergehen ihrer Kinder sind zumeist generelle Be­ gleiter aller Eltern, um einiges mehr allerdings von Eltern, die ihr Kind mit einer Einschränkung, einer chronischen Erkrankung oder aber einer Behinde­ rung durchs Leben begleiten, es auf das Leben vorbereiten. Fragen über Fragen Zunächst stehen Fragen der frühen För­ derung im Mittelpunkt: Versuche ich auch alles? Gebe ich dem Kind die best­ mögliche Unterstützung, dass es seine Defizite möglichst aufholen, durch an­ dere Ressourcen ausgleichen oder gar ausmerzen kann? Ein ständiger Spagat zwischen Überforderung, Unterforde­ rung und passender Förderung. Schulische Ausbildung und die Vorbe­ reitung auf ein etwaiges Arbeitsleben sind die nächsten anstehenden Schrit­ te. Wird mein Kind jemals selbsterhal­ tungsfähig sein? Was geschieht, wenn dies nicht der Fall ist? Wie und wo kann es wohnen? Wenn alles Notwendige gesichert ist, wie sieht es dann jedoch mit der emo­ tionalen Seite des Lebens aus? Welche FreundInnen und UnterstützerInnen wird es haben? Wird Zuneigung und Liebe erfahren aufhören, wenn es uns Eltern nicht mehr gibt? Verstehen Au­ ßenstehende mein Kind und seine Be­ dürfnisse tatsächlich? Verantwortung teilen Diese Ängste und Sorgen können wir den Eltern nicht nehmen. Wir können jedoch versuchen, gemeinsam mit ih­ nen nach Möglichkeiten und Wegen zu suchen, die schon zu „Lebzeiten“ erfahr­ bar machen, dass es auch lebenswertes, glückliches Leben ohne Eltern geben kann – durch fachliche Unterstützung zu versuchen, Verantwortung aufzutei­ len. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ ist ein Sprichwort, das im Volksmund häufig verwendet wird. Allein schon die Erfahrung, dass es Anlaufstellen für Informationen oder „Kümmerer“ gibt, trägt dazu bei, Ängste zu nehmen. Wenn Eltern erleben, dass ihre zunächst alleinige Verantwortung von mehreren, einer größeren Gemein­ schaft getragen wird, ist Loslassen bes­ ser möglich. Wenn wir in unterschied­ lichen Institutionen über den eigenen Tellerrand hinaussehen und im Sinne der Betroffenen nach Lösungen undWe­ gen suchen, erfahren Ängste und Sor­ gen Entlastung. Jeder von uns ist gefordert, Verantwor­ tung mit zu übernehmen. ● Keine Angst vor dem leeren Blatt Papier haben die TeilnehmerInnen der Schreib- werkstatt „Kreisel“, ein Bildungsange- bot des IfS. Zehn HobbyautorInnen tref- fen sich regelmäßig einmal imMonat in der Jugendherberge Feldkirch, um Spaß beim Schreiben zu haben und um ihre Freude daran zu vertiefen. „Wir entdecken unsere Kreativität, spie­ len mit Gedanken, experimentieren mit Worten, formulieren Sätze und schrei­ ben damit Texte mit Inspiration“, beant­ wortet eine Teilnehmerin die Frage nach dem Inhalt dieser Schreibwerkstatt. Spielerischer Zugang zu den Schreib­ ideen liefert Eva Maria Dörn, Schreibpä­ dagogin und Dipl. Kunsttherapeutin. Sie ist überzeugt, dass kreatives Schreiben die Menschen mit Vertrautem verbindet und dadurch ein angstfreier Austausch mit Fremdemmöglichwird.Mit demAb­ bau von schriftlichen und mündlichen Kommunikationsbarrieren entwickelt sich ein neues Miteinander. Es wird eine Basis von neuen zwischenmenschlichen Erfahrungen geschaffen. Davon sind auch jene Teilnehmerinnen überzeugt, die in die Schreibwerkstatt kommen und ohne Behinderung sind. „Wir können voneinander lernen. Das Horror vacui – Die Angst vor dem Kreatives Texten in der Schreibwerkst facts IfS-Information und Orientierung Kirchgasse 4b 6850 Dornbirn T 05572/21331 E elisabeth.kern@ifs.at Mag. Elisabeth Kern Leiterin IfS-Information und Orientierung elisabeth.kern@ifs.at Was passiert mit meinem Kind, wenn es mich nicht mehr gibt?

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