ifs_zeitschrift_2-11

Professor Dr. Stein Husebø hat uns in seinem Vortrag am 15.9.2011 in Bergen (Norwegen) imRahmender Studienreise 2011 des Vorarlberger Gemeindeverban­ des und des IfS mit diesem Zitat auf die Bedeutung der „Würde des Menschen“ hingewiesen, die gerade in Zeiten der Krankheit, der Krise, der Veränderung oder des Sterbens so wichtig ist. Abgeleitet von diesem Zitat sind meines Erachtens drei Gedanken bedenkens­ wert: • Alles, was einen Preis hat, das kann er­ setzt werden. Alles Materielle, Dienst­ leistungen, Banken, Fonds (seien die Summen noch so hoch), all das kann ersetzt werden. Für einen Mensch gibt es kein Äquivalent. • „Würde“ ist dort, wo etwas nicht er­ setzbar ist: bei Menschen (bei jedem Menschen), bei Prozessen (z.B. bei Ge­ burt und Sterben, Wachsen und Ver­ ändern) oder bei Qualitäten (z.B. Acht­ samkeit und Aufmerksamkeit,Toleranz und Vielfalt, Teilhabe und Solidarität u.v.m.). •Wovor haben wir in derWelt von heute mehr Angst: Davor, dass wir den Preis nicht bezahlen können für all das, wor­ auf wir glauben, nicht mehr verzichten zu können? Oder davor, dass wir als Menschen Würde verlieren und ande­ ren dieWürde nehmen? Wieso beschäftigen wir uns so inten­ siv und so häufig mit all dem, was ei­ nen Preis hat? Wieso ist das in unserer Welt von heute so wichtig, so attraktiv, so „in“? Und verlieren wir dadurch den Kontakt zu dem, was „Würde“ hat? Oder ist die „Würde“ gerade deshalb so wich­ tig, weil wir so dringend etwas brau­ chen, das über allen Preis erhaben ist, was nicht messbar und bewertbar ist? Ich glaube, gerade in Zeiten der Krise, in Zeiten der Übergänge und des Verge­ hens wird besonders deutlich, wo der Unterschied liegt: bei allem, was einen Preis hat, führen Krisen zu Preisverän­ derungen, es gibt Gewinner und (mehr) Verlierer, das Äquivalent verändert sich oder muss neu ausgehandelt werden. Bei allem, was „über den Preis erhaben ist“, beim Menschen, bei der Natur, bei Werten, bei Faktoren der Lebensqualität u.v.m. haben wir – gerade in Zeiten der Krise, bei Übergängen, bei der Erfahrung desWerdens und Vergehens – die Chan­ ce, all das zu sehen, was jenseits von Marktpreis und finanziellem Wert liegt: die „anderen“Werte,Würde, Sinn, Bezie­ hung, Leben. So ist jedes Durchlaufen einer Krise verbunden mit der Chance, Würde und Leben zu finden. Angst ist der notwen­ dige Begleiter für diese Suche. Sie erin­ nert uns daran, dass es darum geht, in sich hinein zu hören, auf die Ressourcen zu achten, Gelassenheit und Sinn zuzu­ lassen, zu atmen und zu leben. Angst ist auch der Begleiter von vielen Men­ schen, die in unterschiedlichsten Situ­ ationen zum IfS kommen. Dazu finden Sie in der vorliegenden Zeitung eine Reihe von Erfahrungsberichten und Pra­ xisbeispielen. Unsere Arbeit im IfS mit und an der Angst von unseren KlientIn­ nen ist immer auch eine Arbeit an der (Wieder)Entdeckung der Würde. ● „Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; Was dagegen über allen Preis erhaben ist, Das hat seineWürde.“ Immanuel Kant Dr. Stefan Allgäuer IfS-Geschäftsführer

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0