ifs_zeitschrift_2_13_sc
15 Kolumne Ich erinnere mich gut an eine Situation in mei- ner Kindheit: Ein Nachbar hatte einen ziemlich großen Hund, der dafür bekannt war, dass er jedem und allem, das sich bewegt hat, nachlief. Zum Glück war er sicher hinter einem großen Zaun verwahrt. Bis auf einmal. Nämlich genau dann, als ich von der Schule nach Hause ging, war das Tor offen. Der Hund rannte am Zaun ent- lang neben mir her, stob durchs Tor und hetzte mir nach. Zum Glück war ich damals noch etwas schneller als heute, rannte ummein Leben und erreichte kurz vor dem Hund ein anderes Nachbarhaus, die Tür war offen, ich drinnen, der Hund draußen… gerettet. Damals habe ich in letzter Sekunde Zuflucht und Schutz gefunden. Die Nachbarsfrau hat mich dann nach Hause begleitet. Der Hund war wieder eingesperrt. Vielen Menschen bedeuten Zuflucht und Schutz heute viel mehr. Nämlich jenen, die aus Kriegs- und Katastrophengebieten fliehen müssen. Bei denen es nicht nur während einer kurzen Zeit darum geht, ob sie heil bleiben oder versehrt wer- den. Menschen mit ihren Familien, die zum Teil jahrelang in Kriegs- oder Katastrophengebieten leben müssen. Täglich in der Angst entdeckt und verhaftet zu werden. Oder die Menschen, die ob der wirtschaftlichen Situation alles auf sich neh- men, um für sich und die Ihren ein besseres Leben aufbauen zu können. Aus Jux und Tollerei verlässt niemand seine Hei- mat, um sich in der Fremde, in einem Land, dessen Sprache man nicht spricht, neu zu orientieren. Ent- weder man tut es, weil man in der neuen Heimat begehrt ist und Kenntnisse oder Geld mitbringt. Oder man tut es, weil ein Leben überall anders als dort, wo man ist, als die bessere Option erscheint. Wer aus Überlebensgründen seine vertraute Umgebung verlässt, braucht für einen guten Start Zuflucht und Schutz. Nur so gelingt es wieder, Boden unter die Füße zu bekommen. Nur so ist der Schneller als der Hund Auch wer nicht schnell rennen kann, braucht Schutz und Sicherheit Aufbau einer neuen Existenz möglich. Das Gefühl, geschützt und sicher zu sein, ist übri- gens auch ein wichtiger Bestandteile einer jeden Beratung. Nur wer vertraut, kann sich weiter ent- wickeln. Gleichgültig, ob in einer Schuldenbera- tung, einer Psychotherapie oder auf einer Reise für Menschen mit Beeinträchtigungen. ○ Peter Kopf Leiter ifs Schuldenberatung peter.kopf@ifs.at
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