ifs_zeitschrift_2_13_sc

29 Winter 2013 Ich heiße Elisabeth und bin 16 Jahre alt. Mein Wohnort ändert sich alle ein bis zwei Jahre – auf- grund etlicher Trennungen und Probleme meiner Eltern. Momentan wohne ich bei meinem Vater. Der Grund, warum ich ins AbWmöchte, sind die Probleme, die ich mit meiner Familie habe. Bis vor einem halben Jahr wohnte ich mit meiner Schwe- ster bei meiner Mutter, die seit Jahren Alkoholi- kerin ist. Die ständig wechselnden Wohnorte, für die u.a. die wechselnden Männer meiner Mutter verantwortlich waren, trugen nicht gerade zu einem Gefühl von Zuhause bei. Anfang des Jahres zog ich endgültig bei meiner Mutter aus, da ich die Situation einfach nicht mehr aushielt. Meine Schwester kammit zu meinem Vater. Dort läuft es zwar besser, doch von einem geregelten und harmonischen Familienleben merkt man auch hier nicht allzu viel. Mein Vater hat sich nach Jahren erfolgloser Selbstständigkeit arbeitslos gemeldet, das Geld ist knapp. Meine Schwester und ich teilen uns ein etwa 10 m 2 -Zimmer – für Schwestern, die so unterschiedlich sind wie Tag und Nacht, eine Katastrophe. Es fehlt mir die Möglichkeit, mich geistig und körperlich zu entfalten. Es fehlt mir an einem Rückzugsort, an einem Zuhause. Ich weiß, im AbW kann man nur bis zum 18. Lebensjahr bleiben, danach wird es wieder einen Umzug geben. Doch wünsche ich mir nichts mehr als einen Ort, an dem ich – und sei es nur für die Dauer von ein, zwei Jahren – ein Zuhause schaf- fen kann. Mir gefällt die Idee der Betreuung, man wird langsam auf das Leben als Erwachsener vorbereitet. Meine Ziele: Ich möchte in das AbW aufgenommen werden. Den Betreuer stelle ich mir als Mischung zwischen helfendem Erwachsenen und Freund, zu demman eine Bindung hat, vor. Wenn ich an den AbW-Alltag denke, stelle ich mir vor, wie ich kochend am Herd stehe und meiner Mitbewohne- rin mit dem Essen ein Lächeln ins Gesicht zaubere, wir uns über den vergangenen Tag unterhalten. Dass die Mitbewohne- rin eine Vertraute ist, die es wie ich im Leben bisher nicht einfach gehabt hat. Ich möchte in den nächsten zwei Jahren ein Zuhause schaf- fen, aus dem ich danach nicht sehnlichst verschwinden möchte, sondern auf das ich mit einem lächelnden und einem weinenden Auge zurückblicke. ○ Ich möchte mir ein Zuhause schaffen Bewerbungsschreiben einer 16-Jährigen für eine Betreuung durch das Ambulant betreute Wohnen (AbW) Wissen ifs Ambulant betreutes Wohnen eröffnet Jugendlichen in eigens angemieteten Wohnungen die Möglichkeit, ein selbständiges Leben unter fachlicher Betreuung zu erproben. Die Jugendlichen erhalten Unterstützung in ihrer persönlichen Entwicklung, insbe- sondere bei der Gestaltung und Bewältigung ihres Alltags. Infos bei: andrea.hilbe@ifs.at Ich wünsche mir nichts mehr als einen Ort, an dem ich ein Zuhause schaf- fen kann.

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