ifs Zeitschrift 2014/2

wie 10 darüber verfügen und diese gestalten. Meist tritt an dieser Stelle die Peer-Gruppe, d.h. die Gleich- altrigengruppe, in Erscheinung, die eine wichtige Funktion einnimmt. Hier können soziale Fähigkei- ten und Beziehungen außerhalb der Ursprungs- familie erprobt werden. Ob Jugendliche den für ihre Entwicklung so wichtigen Freiraum nun in der Gruppe der Gleichaltrigen erleben und nutzen, ist gar nicht so leicht zu beurteilen, da unser Maßstab als Erwachsene nicht zwingend mit jenem der Jugendlichen übereinstimmen muss. Ganz im Sinne von: Was wir entspannend und anregend finden, kann für unsere Kinder den absoluten Stress bedeuten. Ein weltweiter Freiraum? Jugendliche erleben heute die gesamte Welt als Freiraum. Sie sind es gewohnt, sich jederzeit mit Menschen überall auf dem Globus oder einfach nur mit den Gruppen in ihrem Lebensumfeld per World Wide Web in Echtzeit zu verbinden. Diese Technologie ist nur mehr für Menschen über 30 wirklich faszinierend, für unsere Kids längst völlig normal. Wir merken in unseren Kontakten mit Jugendlichen, dass das Medium Internet für viele wirklich eine Beschäftigungsplattform ist, auf der sie ihre Freizeit verbringen. Anstelle realer Treffen, echtem Gegenübertreten und wirklicher Konflikte ergeben sich Kontakte in den sogenann- ten Sozialen Medien, die bei sorglosem Umgang mit zahlreichen Risiken behaftet sein können. Zudemmuss stark in Frage gestellt werden, wieviel Freiraum in den Sozialen Medien wirklich existiert. Das Gefühl, mit sich selbst in Kontakt zu sein und sich selbst auch zu genügen, erleben Jugendliche immer seltener. Groß ist die Ver- führung, die Sinneskanäle mit den immer verfüg- baren Möglichkeiten zu versorgen. Innehalten und genießen Kinder und Jugendliche lernen zuerst von uns Erwachsenen, verinner- lichen jene Werte, die wir vorleben und übernehmen unsere Lebensstrate- gien, um sie eventuell wieder zu verwerfen. Wir möchten deshalb in erster Linie uns Erwachsene dazu anregen, Freiraum-Schaffen und Freiraum- Erleben als Herausforderung anzunehmen. Im Arbeitsalltag wie auch im Privaten scheint es uns oft leichter zu fallen, Stress zu ertragen, als dazwi- schen – scheinbar unbeschäftigt – Luft zu haben. Wir alle sind als Erwachsene gefordert, den Raum dazwischen zu erkennen, ihn zuzulassen und mit unseren Jugendlichen im Kontakt zu bleiben. Für die Entwicklungsaufgabe, die unsere Jugendlichen zu leisten haben, brauchen sie uns dringend zur Orientierung. Und ganz sicher brauchen auch wir unsere Kinder, um von ihnen zu lernen, denn Frei- heit und Freiraum haben doch auch ganz viel mit individuellem Empfinden zu tun. ○ Sigrid Hämmerle-Fehr Leiterin ifs Streetwork Mühletor sigrid.haemmerle-fehr@ifs.at „An Stelle realer Treffen, echtem Gegenübertreten und wirklicher Konflikte ergeben sich Kontakte in den sogenannten Sozia- len Medien, die bei sorg- losem Umgang mit zahl- reichen Risiken behaftet sein können.“ Wissen ifs Streetwork Mühletor spricht Jugendliche und junge Erwachsene sowie deren Bezugssysteme an. In Form von Beratung, Begleitung und Coaching werden Jugendliche einzeln, mit der Familie oder in Gruppen unterstützt. In Ko- operation mit anderen Trägern bietet Streetwork Mühletor die Möglichkeit, den Pflichtschul- abschluss nachzuholen oder im Rahmen des Sprachkompetenz- trainings eigene Fähigkeiten zu stärken. Das Lehrlingscoaching bietet Hilfe bei Schwierigkeiten am Lehrplatz.

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