ifs Zeitschrift 2014/2

Letzthin hat mir eine Bekannte eine ganz pro- vokante Frage gestellt: Wo sind eigentlich deine Freiräume? Du arbeitest viel, hast oft keine Zeit, dafür aber gesundheitliche Probleme in den letzten Jahren und der Jüngste bis du auch nicht mehr. Gib doch besser auf dich Acht und schaff sie dir, die Freiräume, die jeder Mensch braucht! Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Wie war das früher? Da habe ich mir meine Freiräume genommen. Als Kind sowieso. Damals musste auch noch keine Bauordnung herhalten, um uns Freiräume zur Verfügung zu stellen. Parkanlagen oder Spielplätze waren für uns nicht notwendig. Zugegeben, das müsste für eine Stadt anders beschrieben werden, aber auf dem Land? Da stell- ten Nachbars Tenn, der Bach neben dem Haus, die Wiese gleich daneben, der Schulplatz und der See Freiraum genug dar. Eingeschränkt allein durch die Mahnungen der Mutter nur ja „nichts anzustel- len“ und „nicht zu spät nach Hause zu kommen“. Leider konnten wir uns oft genug an beides nicht halten und mussten als Konsequenz mit der Ein- schränkung des persönlichen Freiraums am näch- sten Tag leben. Wer sich heute mit seinem Freiraum auseinander- setzt, hat es schwerer. Freiräume um uns herum sind nicht mehr so selbstverständlich. Vielmehr werden diese organisiert und verordnet. Eine Fußgängerzone. Ein neuer Spielplatz. Die neue Fahrradstraße. Aber dort gelten ganz bestimmte Regeln, die einzuhalten sind. Und was meine ganz persönlichen Freiräume betrifft, so sind diese oft durch meinen Terminkalender, die Erwartungen, die vom Arbeitsplatz an mich und die ich an die Erfüllung meiner Aufgaben stelle, durch mein Smartphone und die Ansprüche der Menschen um mich herum bestimmt. Und doch ist es wichtig, sich Freiräume zu neh- men. Draußen, entweder für sich ganz allein oder um dort andere Menschen zu treffen. Aber genauso wichtig ist es, sich innere Freiräume zu schaffen. Einmal später zur Arbeit gehen. Ein gemütliches Frühstück genießen. Eine Wanderung. Ich meine, dass es aber auch möglich sein muss, jenen einen Freiraum zur Verfügung zu stellen, die sich diesen selbst nicht leisten oder organisieren können. Reisen für Menschen mit Beeinträch- tigungen. Oder eine Urlaubsreise für Familien, denen es am Nötigsten fehlt. Fundierte Beratung für Menschen mit psychischen oder materiel- len Problemen. Zugang zu Kunst und Kultur. Wohnungen, die einen ganz persönlichen Frei- raum ermöglichen… um nur ein paar Beispiele zu nennen. Gott sei Dank leben wir in einem Land in dem vieles von dem bereits möglich ist. Und einiges noch zu tun bleibt. ○ Peter Kopf Geschäftsführer ifs Schuldenberatung peter.kopf@ifs.at Von Nachbars Tenn und dem Bach neben dem Haus Früher, da habe ich mir meine Freiräume genommen. Kolumne 11

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