ifs Zeitschrift 2014/2

13 Herbst 2014 Christian Fehr: Das ist ein wichtiger erster Schritt, dass die Patienten und Patientinnen informiert und aufgeklärt werden. Uns ist es wichtig, dass man sich auf die Suche nach Alternativen macht, wenn sich Patienten durch die Kameras gestört fühlen und diese als Eingriff in ihre Persönlich- keitsrechte erleben. Der Punkt ist, dass es aus unserer Sicht eine ständige Anwesenheit des Pflegepersonals im Aufenthaltsraum gar nicht braucht. Es gibt durchaus Situa- tionen, in denen man nicht ständig befürchten muss, dass etwas pas- siert, in denen eine vermehrte Beobachtung nicht nötig ist. Dann reicht eine Nachschauhaltung oder eine Beobachtung alle viertel oder halbe Stunde aus. In schwierigen Situationen können die Zeitin- tervalle verkürzt werden bzw. – wenn es gar nicht anders geht – auch Videokameras eingeschalten werden. Die Patientenanwaltschaft ist nicht gene- rell gegen die Verwendung von Kameras, aber wir plädieren dafür, dass diese nur dann zur Anwen- dung kommen, wenn konkrete Gefährdungssitua- tionen verhindert werden sollen. Jan Di Pauli: Gemäß meiner fachlichen Erfahrung ist es eher die Ausnahme, dass es den Patienten und Patientinnen auf der Akutstation E1 so gut geht, dass man die Kameras einfach ausschalten könnte. Das mag gelegentlich vorkommen, aber um die Türe permanent offen zu halten, braucht es aus unserer Sicht die Kamera. Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass die baulichen Gegeben- heiten auf E1 sehr ungünstig sind. Unter anderen baulichen Bedingungen – und ich hoffe doch, dass das im Rahmen des geplanten Neubaus tatsächlich so sein wird – könnte vielleicht auf die Kameraü- berwachung verzichtet werden. Christian Fehr: Auch wir hoffen auf eine verbes- serte Gesamtsituation durch den Neubau. Was jetzt wichtig ist: die Zeit bis zum Umzug in den Neubau, was in etwa fünf Jahren der Fall sein wird, bestmöglich zu überbrücken. Und was uns zu denken gibt, ist die scheinbare Tendenz, dass die Betreuung vertechnisiert und instrumen- talisiert wird. Quasi weg von der persönlichen Betreuung und hin zu technischen Hilfsmitteln. Die Beziehung zum therapeutischen Team, zum Pflegepersonal, der persönliche Kontakt scheint nicht mehr so wichtig zu sein. Jan Di Pauli: Demmuss ich natürlich widerspre- chen. Wir haben Maßnahmen gesetzt, auch was den Beziehungsaufbau zu Patienten, grade zu schwierigem Klientel betrifft. Wir haben Dees- kalationstrainer ausgebildet, die unser Personal trainieren. Damit und dank anderer Maßnah- men konnten wir einen deutlichen Rückgang der Anzahl an Fixierungen erzielen. Die Technik ist natürlich immer ein willkommenes Hilfsmittel, aber sie ersetzt keinesfalls die Beziehungsarbeit – wie auch eine gute Raumplanung die Beziehungs- arbeit nicht ersetzen, aber erleichtern wird. ○ Prim. Dr. Jan Di Pauli Erwachsenenpsychiatrie LKH Rankweil Mag. Christian Fehr ifs Patientenanwaltschaft „Wir sind nicht generell gegen die Verwendung von Kameras, aber wir plädieren dafür, dass diese nur zur Anwen- dung kommen, um kon- krete Gefährdungssitu- ationen zu verhindern.“ Ist eine Kamera- überwachung notwendig, um den Schutz zu gewährleisten?

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