ifs Zeitschrift 2014/2

17 Herbst 2014 wird. Es war eine Herausforderung, dies umzuset- zen. Aber es war gut. Es hat dazu beigetragen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch stärker befähigt wurden, Dinge eigenverantwortlich zu übernehmen. Ich habe mir dann vor rund zehn Jahren eine erste Auszeit in der Wüste gegönnt. Fernab aller Zivi- lisation hab ich mit Nomaden gelebt – mit einem tiefen Empfinden, ganz basal geerdet zu sein, mit sehr wenigen äußeren Reizen. Ich konnte innere Bilder und Stimmungen erleben, die im Alltag mit seinen ständigen Ablenkungen verborgen blei- ben. Das hat mir gut getan, ich konnte noch lange davon zehren: eine Insel der Ruhe und der Kon- zentration in mir zu haben, auf die ich da und dort zurückgreifen kann, Bilder, die das Gegengewicht zu Getrieben-Sein und ständigen Optimierungsge- danken darstellen. Diese Diskussion hat auch dazu geführt, dass wir im Arbeitgeberverein für Sozial- und Gesundheits- einrichtungen beschlossen haben, Sabbatical- zeiten anstelle einer wöchentlichen Arbeitszeitre- duktion in den Kollektivvertrag einzubauen, um allen unseren Mitarbeitenden solche Auszeiten zu ermöglichen. Die jährliche Sabbaticalwoche kann über mehrere Jahre hinweg angespart werden und dann mit dem Jahresurlaub am Stück als längere Auszeit, während der man voll ent- lohnt wird, konsu- miert werden. Die zentrale Botschaft soll sein: Wir in den sozialen Berufen müssen psychisch gesund bleiben. Als Arbeitgeber leisten wir einen Beitrag, indem wir längere berufliche Auszeiten ermögli- chen. Sehr viele nutzen diese Auszeit mittlerweile auf ihre ganz individuelle Art und wir haben sehr positive Rückmeldungen erhalten. Die allermei- sten kommen mit neuer, zusätzlicher Energie zurück. Der positive Transfer zurück funktioniert hervorragend. Eine Auszeit ist eine persönliche Kompetenzerweiterung, die auch den Teams und damit der Gesamteinrichtung gut tut. Eine Auszeit bereichert die Persönlichkeit und dadurch auch die Gemeinschaft. Ich war vor zwei Jahren wieder drei Monate alleine mit dem Rucksack in Burma, Laos und Kambodscha unterwegs. Der Kontakt mit den Menschen, dieses Aufgenommen-Werden als Person, eine spirituell buddhistische, freund- liche Grundstimmung und überall Anschluss finden zu können, all das hat mich sehr bereichert. Ich sehe diese Möglichkeit als großes Glück, als Privileg und auch als Wachstumsmöglichkeit. Sabbatical – die Bezeichnung impliziert ja schon ein bewusstes Aussteigen, um wieder Kraft zu tanken und diese in den Alltag einzubauen, ohne dass es eine „große Revolution“ bedeutet, vielmehr ein wesentliches Mittel zur Prävention von Burnout. Ganz wesentlich ist vielleicht noch: Bei meiner Rückkehr aus dem Sabbatical fühlte ich eine große Freiheit, die ebenso für meine Mitarbeitenden spürbar war, denn während meiner Abwesenheit war fast alles auch ohne mich möglich. Das hat bei mir nicht das Gefühl ausgelöst, überflüs- sig zu sein, sondern hat mir neuen Freiraum geschaffen, so dass ich in meiner Arbeit immer wieder auch neuen Impulsen nachgehen kann. Denn Manches, das ich dele- giert hatte, musste ich nicht mehr zurücknehmen. Ich würde ein Sabbatical daher nicht nur jedemMitarbeiter und jeder Mitarbeiterin, son- dern auch jeder Leitungsper- son dringendst empfehlen, weil diese Auszeit einen ganz wesentlichen Teil nicht nur der Persönlichkeitsentwicklung, sondern genauso der Organi- sationsentwicklung darstellt. Ich muss die Einrichtung ent- sprechend organisieren, damit ein Sabbatical für eine gewisse Zeit möglich ist. Eigentlich ist es ein Stabilisierungsfaktor für die Einrichtung, auch wenn es im ersten Moment eher nach Schwierigkeiten aussieht. Danke für das Gespräch. ○ Wissen Vorarlberger Kinderdorf unterstützt Familien, in denen das Kindeswohl gefährdet oder beein- trächtigt ist. Für über 2200 Kinder, Jugendliche und deren Familien werden achtsame Beziehungsan- gebote und vielfältige Hilfestel- lungen geboten. Geschäftsführer Dr. Christoph Hackspiel Kronhaldenweg 2, 6900 Bregenz Telefon 05574-4992-0 www.vorarlberger-kinderdorf.at Arbeitgeberverein für Sozial- und Gesundheits­ einrichtungen in Vorarlberg (AGV) ist die freie Berufsvereinigung der privatwirtschaftlich organi- sierten Sozial- und Gesundheitsor- ganisationen im Land Vorarlberg. Dr. Christoph Hackspiel ist Obmann dieses Vereins. „Ich würde Sabbat daher nicht nur jedem Mitarbei- ter und jeder Mitarbeite- rin, sondern auch jeder Leitungsperson drin- gendst empfehlen, weil diese Auszeit einen ganz wesentlichen Teil nicht nur der Persönlichkeits- entwicklung, sondern genauso der Organisati- onsentwicklung darstellt.“ „Eine Auszeit ist eine persön- liche Kompetenzerweiterung, die auch den Teams und damit der Gesamteinrich- tung gut tut.“

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