ifs Zeitschrift 2014/2

wie 22 Die zentrale Aufgabe der ifs Bewohnervertretung besteht darin, die persönliche Freiheit unserer Klientinnen und Klienten zu gewährleisten. Das gelingt nicht nur auf der individuellen Ebene, sondern hat auch viel mit den Strukturen von Betreuungseinrichtungen zu tun, in die wir kom- men. Dieser Beitrag ist ein Versuch, Bedingungen zu beschreiben, die unsere Arbeit erleichtern oder erschweren. Tagtäglich begegnen Brigitte Kepplinger, Karl Stürz und ich Menschen, deren Bewegungsfrei- heit beschränkt wird: durch Bettgitter am Pfle- gebett, durch Fixierung im Bett oder Rollstuhl, durch Zurückhalten oder Zurückbringen in die Einrichtung, durch sedierende Medikamente. Das Heimaufenthaltsgesetz gestattet solche gravie- renden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit eines Menschen nur bei psychischer Beeinträchti- gung und Lebens- oder erheblicher Gesundheits- gefahr. Während wir vor neun Jahren noch viel Widerstand verspürten, hat sich das Bewusstsein mehr in Richtung Respektierung der Freiheits- rechte unserer Klientel verschoben. Freiräume dank Klientenorientierung Das Postulat aller Betreuungseinrichtungen lautet heutzutage: „Klienten-, Bewohner-, Patien- tenorientierung“. Die große Kunst besteht darin, die vorgegebene Struktur einer Einrichtung, die naturgemäß durch Budgets und Personalkapazi- täten begrenzt ist, an den Kunden anzupassen und nicht umgekehrt. Kundenorientierung ermöglicht individuelle Freiräume. Wer täglich in vielen Ein- richtungen ein und aus geht, erkennt durchaus Unterschiede. Woran kann das liegen? Es haben doch alle die gleiche Aufgabe: Betreuung, Behand- lung und Pflege von unterstützungsbedürftigen Menschen. Nach vielen Begegnungen mit Verantwortlichen in Pflege- heimen, Einrichtungen für Men- schen mit Beeinträchtigung und Krankenhäusern wage ich eine Behauptung: Starke Persönlich- keiten in Leitungsfunktionen sind das Um und Auf für die Umsetzung von Kundenorientierung. - Mit fachlicher und persönlicher Sicherheit vertre- ten sie einen klaren Standpunkt, gehen mit „gutem Beispiel“ voran, sind aber stets offen für Alterna- tiven, die den Klienten Freiräume ermöglichen. - Sie verlangen zwar viel von ihren Mitarbeitern, räumen ihnen aber auch Freiräume in der Gestal- tung ihrer fachlichen Arbeit ein. - Wenn es um die Anschaffung von sinnvollen Hilfsmitteln oder den Einsatz zusätzlicher Per- sonalressourcen geht, gehen sie offensiv auf die Budgetverantwortlichen zu. In so einem „Biotop“ gedeihen Freiräume für ihre Kunden am besten. Und die Kunden ihrerseits genießen diese Freiräume, weil sie sich gleichzeitig geschützt und wertgeschätzt fühlen. Das erleich- tert auch uns die Kooperation auf Augenhöhe, wenn wir für unsere Klienten argumentieren, die das selbst nicht (mehr) können. ○ Freiräume in Betreuungseinrichtungen Die Orientierung an den Bewohnern ermöglicht individuelle Freiräume. Dr. Herbert Spiess Leiter ifs Bewohnervertretung herbert.spiess@ifs.at „Und die Kunden ihrerseits genießen diese Freiräume, weil sie sich gleichzeitig geschützt und wertge- schätzt fühlen.“

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