ifs Zeitschrift 2014/2

27 Herbst 2014 Der öffentliche Raum ist ein Ort der Begegnung und Kommunikation. Ein Bürgermeister meinte letzthin zu mir: „Wir müssen wieder Orte der Kom- munikation schaffen, damit sich die Menschen treffen, damit sie aus der Isolation herauskommen, damit Kinder anderen Kindern begegnen und von ihnen lernen.“ Den öffentlichen Platz hat es schon in der grie- chischen Antike gegeben. Die Agora (griechisch Marktplatz) war dort jener Platz einer Stadt, der für verschiedene Funktionen genutzt wurde. Vor allem wurde dort aber Politik gemacht, Strategien besprochen und Entscheidungen getroffen. Wenn wir uns die heutigen Plätze der Städte (und Gemeinden) ver- gegenwärtigen, dann sind diese oft negativ konnotiert. Parks, Bahnhöfe, Grünflächen werden bewacht und kontrolliert. Wollen wir öffentliche Räume verstehen, dann beginnen wir doch mit Beobachtungen und fragen uns: - Welche Menschen haben mit welchen Räumen zu tun? - Wer gestaltet sie? - Wer lebt in ihnen? Räume wirken. Sie wirken auf unsere Daseins- berechtigung, auf unser Selbstverständnis, auf unsere Kreativität. Sozialraum/Lebensraum Der Begriff „Sozialraum“ verbindet die Begriffe „Soziales“ und „Raum“ und beschreibt die Wech- selwirkung zwischen der sozialen Situation seiner Bewohner und der räumlichen Beschaffenheit. Der Sozialraumwird definiert als sozialgeographisch abgrenzbarer Lebensraum und ist zugleich der subjektiv wahrgenommene Wohn- und Lebens- raum der Menschen. Er wird auch als ein (Wohn-) Quartier, ein Viertel verstanden und hat keine statische Größe, sondern kann individuell unter- schiedlich beschrieben und empfunden werden. „Beim Sozialraum spielen nicht nur architekto- nische, planerische und statistische Aspekte eine Rolle. Er ist vielmehr geprägt von materiellen, ökonomischen, ökologischen, sozialen, politischen und kulturellen Lebensbedingungen. Sozialraum- orientierte Arbeit bezieht all diese Aspekte in die Lösungsfindung ein und stellt die Betroffenen und deren Lebenswelt in den Mittelpunkt.“ 2 Es ist Aufgabe der Sozialen Arbeit, den Sozialraum, in dem gearbeitet wird, zu kennen, präsent zu sein, Vertrauen aufzubauen, Impulse aufzunehmen und zu geben, um soziale Phänomene auch politisch und nicht nur individuell zu lösen. Das sozialräumliche Denken kann helfen, sozi- ale Probleme auch mit der räumlichen Brille zu betrachten. Ulrich Deinet 3 spricht in seiner Beschreibung von sozialräumlichem Denken unter anderem vom „einrichtungszentrierten Blick hin zum Lebensweltbezug“. Einfach gesagt meint Dei- net damit, dass wir professionell Tätigen aufgefor- dert sind, aus der Analyse der Lebenswelt der Kli- enten heraus nach Bedarfen und Anforderungen zu fragen und nicht umgekehrt. Den Sozialraum als öffentlichen und Bildungsraummit zu nützen, verändert den öffentlichen Raum. Subjektive Landkarten Die Vorstellungen und Funktionen von Freiräu- men sind unterschiedlich. Es wäre interessant, unsere Klienten zu fragen, was sie mit Freiräumen verbinden. Vermutlich würden wir unterschied- lichste Antworten erhalten. Eine mögliche Rich- tung könnte sein: Wir beginnen, mit qualitativen Methoden einer Lebensweltanalyse gemeinsam mit unseren Klienten Ortsbegehungen zu machen, individuell subjektive Land- karten mit ihnen zu erstellen, ummit einem aktivierenden Arbeiten im Sozialraummög- liche Freiräume zu entdecken. Der Blick von außen – gemein- sammit unterschiedlichen Institutionen oder auch Klientengruppen oder Einzelpersonen – kann spannend sein und wird dazu beitragen, Freiräume in den Lebenswelten zu entwickeln. ○ 1 Löw, Martina (2001): Raumsoziologie. Frankfurt amMain: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, S. 25. 2 Löw, Martina (2001): Raumsoziologie. Frankfurt amMain: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, S. 25. 3 Deinet, U. (Hrsg.) (2009): Methodenbuch Sozialraum. Wiesbaden: VS-Verlag. Tanja Kopf Wir wünschen Tanja Kopf für ihre neue berufliche Herausforderung als Büroleiterin der neuen Soziallandesrätin alles Gute. „Wir müssen wieder Orte der Kommunikation schaffen, damit sich die Menschen treffen, damit sie aus der Isolation herauskommen.“ „Der Blick von außen kann spannend sein und wird dazu beitragen, Freiräume in den Lebenswelten zu entwickeln.“

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