ifs Zeitschrift 2014/2

31 Herbst 2014 dienste Hand in Hand arbeiten. In anderen Fällen sind Vereinssachwalter aber oft die einzigen Hilfs- angebote, weil sich professionelle Hilfsdienste zurückziehen. Aktuelle Diskussion Die aktuelle Diskussion zum Sachwalterschafts- recht wird in der öffentlichen Berichterstattung von Beschwerden über Rechtsanwälte geprägt. Vor dem Hintergrund leerer Budgettöpfe werden die hohen Kosten für Justizpersonal, Sachverstän- digengebühren und die Sachwalterschaftsvereine kritisiert. Aus der UN-Behindertenrechtskonvention, die zum Ziel hat, Men- schen mit Beein- trächtigungen möglichst so zu unterstützen, dass sie eigenständige Entscheidungen treffen können, wird oft (zu unrecht) abgeleitet, das Sachwal- terschaftsrecht gänzlich abzuschaffen. Dabei wird jedoch übersehen, dass die UN-Behinder- tenrechtskonvention die Mitgliederstaaten dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen „umMenschen mit Behinderung Zugang zu Unterstützungen zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen“ (Art 12 Abs 3 UNRK). Die Sachwalterschaft versteht sich genau als sol- che Unterstützungsmöglichkeit. Da fast alle modernen Rechtsthemen durch das österreichische ABGB von 1811 beeinflusst sind, kennen die meisten Vertragsstaaten weltweit Modelle wie das der Sachwalterschaft. In vielen Vertragsstaaten, wie der Schweiz, Liechtenstein und Italien wurde erst in den letzten Jahren die Entmündigung abgeschafft und moderne Rege- lungen getroffen, die sich am österreichischen Recht orientierten. Erst vor drei Jahren hat Liechtenstein sogar die österreichische Regelung übernommen. Die aktuelle Diskussion, in der es vor allem um Kosteneinsparung geht, führt zur neuerlichen Stigmatisierung der Sachwalterschaft, die bisher als soziale und rechtspolitische Errungenschaft galt. Dabei werden Betreuungsleistungen von Angehörigen, professionellen und sozialarbeite- rischen Mitarbeitern von Sachwalterschaftsver- einen und vor allem die Tätigkeit der ehrenamt- lichen Mitarbeiter völlig missachtet. Der Mensch imMittelpunkt Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich nun im Bereich der Sachwalterschaft und bin nach wie vor stolz darauf, ein Teil dieses Hilfssystems zu sein. Das österreichische Sachwalterschaftsrecht stellt die Menschen in den Mittelpunkt und versucht, diese vor Nachteilen zu schützen. Ein persönlicher Kon- takt wird vorgeschrieben, Sachwalter haben ihre Tätigkeiten an den Wünschen und Bedürfnissen der Klienten zu orientieren, haben keine Zwangsbefug- nisse wie die Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäu- sern oder die Zwangsbehand- lungen mit Medikamenten. Das Sachwalterschaftsrecht forciert Alternativen. Die Angehörigenvertretung, Vorsorgevollmacht und Pati- entenverfügung machen eine Sachwalterschaft rechtlich ebenso unzulässig wie die Unterstützung durch psycho- soziale Dienste. Reformbedarf Unbestritten gibt es jedoch auch Reformbedarf – vor allem im Vollzug bzw. in den Strukturen. Es sollten genü- gend Kapazitäten für die Sachwalterschaftsvereine zur Verfügung gestellt werden, damit nicht Rechtsanwälte bestellt werden müssen. Sach- walterschaft ist durch die Entschädigungsregelungen und Gerichtsgebühren manchmal mit sehr hohen Kosten für die betroffene Person verbunden. Für weniger vermögende Klienten sollten diese Kosten entfallen. Zudem ist eine echte Überprüfung bezüglich der Notwendigkeit von Sachwalter- schaften sicherzustellen, damit Sachwalterschaf- ten nicht eine lebenslange „Zwangsbeziehung“ darstellen. ○ Mag. Florian Bachmayr-Heyda Leiter der ifs Sachwalterschaft florian.bachmayr-heyda@ifs.at Wissen Ehrenamtliche ifs Sachwalter Die ifs Sachwalterschaft sucht Menschen, die Personen mit kognitiver Beeinträchtigung, psy- chischer Krankheit oder Demenz begleiten und unterstützen. Ehrenamtliche ifs Sachwalter und Sachwalterinnen pflegen regelmä- ßigen persönlichen Kontakt zu den Klienten, vertreten diese in wirt- schaftlichen, rechtlichen sowie finanziellen Angelegenheiten und sorgen bei Bedarf für eine soziale und medizinische Betreuung. Mit einem Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden pro Woche können Sie für Betroffene eine wertvolle Stütze sein. Interessiert? Dann freuen wir uns darauf, Sie persönlich kennenzulernen. ifs Sachwalterschaft Poststraße 2/4, 6850 Dornbirn, Tel. 05572-908888 „Das österreichische Sachwalterschaftsrecht stellt die Menschen in den Mittelpunkt und ver- sucht, diese vor Nachtei- len zu schützen.“

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