ifs Zeitschrift 2014/2

wie 6 Weitere Freiräume. Ich muss zum Schluss kommen, weil ich die mir vorgegebene Anzahl an Zeichen längst erreicht habe. Einige wichtige Freiräume habe ich noch gar nicht erwähnt, etwa, dass ich kein Handy habe, keinen Laptop, keine Homepage …, dass ich so gut wie nie fernsehe, schon gar keine Nachrichten, dass meine Frau und ich öfter eine Woche lang die beiden kleinen Kinder eines Neffen betreuen, damit die gestressten, berufs- tätigen Eltern sich erholen können, dass ich mich gele- gentlich zurück-ziehe in ein altes Walserhaus in Nufenen, dass ich imWinter gerne allein den für den Verkehr gesperrten, tief verschneiten und damit total ruhigen und stillen San-Bernardino-Pass überquere, dass ich ehren- amtlich tätig bin, dass ich auf meinen Wanderungen Gedichte auswendig lerne oder dem Kind in mir, dem kleinen Franz, stunden- und tagelang „Momo“ laut vorlese ... kurz, dass ich ziemlich ver-rückt bin ... ein freier Narr! Ich hoffe, dass es mir dabei nicht so ergeht wie Sokrates, der erkannt hat, wie unsicher die beste- henden Meinungen über das richtige Leben sind und der eigenverantwortlich nach neuen Erkennt- nissen und der ihm entsprechenden Lebensform gesucht hat … Nein, ich lebe ja nicht im Altertum oder imMittelalter, auch nicht in einem totalitären System des 20. Jahrhunderts, wo Andersdenkende verfolgt, gefoltert und getötet wurden. Ich lebe heute und erlebe mich aufgefordert, in einer freien Gesellschaft in Eigenverantwortung Freiräume zu entdecken und zu leben. Das fällt umso leichter durch die Erfahrung, dass jeder echte Freiraum eine Quelle ist, die Erquickung, Inspiration und Begeisterung erschließt, ein Raum, in dem alles Verkrampfte in uns sich entspannt, wo man von einer unerwarteten Heiterkeit überrascht wird, wo man Energie und Kraft bekommt, auch für andere da zu sein, wo man Hoffnung und Zuver- sicht gewinnt, Erneuerung und Heilung erfährt. ○ Freiraum Bahn und Bus. Schon bald nach meiner ORF-Zeit habe ich eine Jahreskarte des Vorarlberger Verkehrsverbunds gekauft. Seither fahre ich generell mit den öffent- lichen Verkehrsmitteln, vor allemmit der Bahn, und nur ausnahmsweise mit dem Auto. Vorher war es umgekehrt. Zugfahren hat viele Vorteile: Ich kann etwas lesen, meistens schaue ich aber zum Fenster hinaus, staune über die Schönheit unseres Landes und freue mich daran. Im Frühling ist das Rheintal wie ein einziger blühender Garten. Vor allem aber treffe ich im Zug immer wieder Men- schen, denen ich oft seit vielen Jahren nicht mehr begegnet bin. Und dann haben wir Zeit, uns in Ruhe zu unterhalten. Ich habe im Zug auch meh- rere neue Bekanntschaften gemacht, die ich nicht missen möchte. Freiraum Schlaf. In unserer hektischen, umtriebigen Zeit schämt man sich, wenn man müde ist und entschuldigt sich, wenn man gähnen muss. Ich schlafe gerne und gut und lange, nicht nur in der Nacht, auch am Mittag. Schlafforscher sagen immer wieder, man soll nur kurz schlafen, „power-napping“. Ich lege mich nach demMittagessen nieder und schlafe dann oft (auch wenn ich meine, gar nicht müde zu sein) bis zu zwei Stunden. Dann spüre ich, wie die Entspannung sich im ganzen Körper ausbreitet, bis in die Finger- und Zehenspitzen. Ich spüre, wie der Körper sich harmonisiert – und ich erwache frisch, unternehmungslustig und tatkräftig für die zweite Tageshälfte. Schlaf ist eben die wich- tigste – und noch dazu kostenlose! – Energiequelle unseres Lebens. „Tatsächlich hängt die Lebens- qualität von kaum etwas so sehr ab wie vom Schlaf. Guter Schlaf gibt Erholung, Regeneration und frische Kraft, er hat den Effekt einer neuen Geburt“, schreibt Univ.-Prof. Dr. Reinhard Haller. Wissen Dr. Franz Josef Köb geb. 1951, Studium der Wirtschafts­ pädagogik in Wien, arbeitete 34 Jahre als Wissenschaftsjournalist im ORF-Landesstudio Vorarlberg, seit 2010 freier und selbständiger Erwachsenenbildner. Franz Josef Köb ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Dr. Franz Josef Köb Freier und selbständiger Erwachsenenbildner

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