ifs_zeitschrift_2_18

wie 12 Der achtjähriger Julian wurde von der Schule als störend, permanent auffallend, unkonzentriert und aggressiv beschrieben – eine Suspendierung sei immer wieder angedacht worden. Auch die Eltern und seine Geschwister schilderten Julians Verhalten ähnlich. Durch die Begleitung der ifs Familienarbeit wurde ihm die Teilnahme an der sozialpädagogischen Kindergruppe ermöglicht. Als Julian beim ersten Treffen auf die anderen elf Kinder traf, wurde schnell klar, dass er besondere Aufmerksamkeit von den Betreuerinnen und Betreuern braucht. Er trat über Provokationen in Kontakt mit anderen Kindern, denn offensichtlich kannte er keine bis wenige andere Strategien, um unbekannte Kinder kennenzulernen. Die einen Kinder wandten sich schnell von ihm ab, die anderen waren imponiert von dem vermeintlich selbstbewussten Auftreten, wodurch er rasch zum „Anführer“ einer kleinen Truppe innerhalb der Gruppe wurde. Es vergingen etliche Wochen- enden mit ähnlichen Verhal- tensmustern: Vereinbarungen, die mit Julian erarbeitet wur- den, hielt er nicht ein, er provo- zierte vereinzelte Kinder und zeigte sich gemäß der Beschrei- bung der Schule. Die Betreuer setzten entsprechende Kon- sequenzen, was immer wieder bedeutete, dass er an einzelnen Aktionen nicht teilnehmen konnte. Vertrauen gewinnen So war es auch an einem hei- ßen Sommertag. Julian war im Gruppensetting nicht haltbar, weshalb er alleine mit einer Betreuerin auf der Hütte bleiben musste. Nach anfänglichemWiderstand konnte Julian motiviert werden, sich mit der Betreuerin an einen Tisch zu setzten und Früchte für einen Obstsalat zu schnei- den. Plötzlich saß ein Kind am Tisch, schnippelte Äpfel, Bananen usw. und erzählte von sich aus von zu Hause. Julian drückte in seiner kindlichen Spra- che aus, dass er sich zu Hause nicht wohl fühle, weil seine Eltern immer streiten würden, er gerne gemeinsammit ihnen etwas unternehmen würde, aber niemand Zeit habe und er sich sehr alleine fühle. Zusätzlich zur Wochenration Obstsalat wurde das Gemüse für den Grillabend geschnitten – Julian erzählte und erzählte, vertieft in die Auf- gabe, die Lebensmittel klein zu schneiden, zwar ohne Blickkontakt, aber mit viel Ehrlichkeit und Vertrauen. An diesem Abend erlebte die Gruppe einen ausgeglichenen, kindlichen Julian, der offen und freundlich die Kinder nach dem Ausflug mit strahlenden Augen und einer Schüssel Obstsalat begrüßte. Veränderte Erfahrungen generieren Die sozialpädagogischen Gruppen der ifs Famili- enarbeit sind ein ergänzendes Angebot für Kinder aus belasteten Familien und werden aus Spen- dengeldern des Netz für Kinder finanziert. Um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder eingehen zu können, gibt es zwei Gruppen für Volksschulkinder, eine Gruppe für Mädchen und eine für Buben (getrennt voneinander) im Alter von 10 bis 14 Jahren und eine Biwak Gruppe für Kinder im Alter von 8 bis 15 Jahren. Alle Gruppen treffen sich über ca. zehn Monate hinweg einmal imMonat und übernachten in ländlich regionalen Unterkünften wie Hütten oder Pfadfinderheimen. Ziel dieser Gruppen ist es unter anderem, den Kindern neue soziale Kompetenzen zu vermit- teln, Erfahrungen außerhalb ihres gewohnten Umfeldes zu machen, andere Freizeitaktivitäten kennenzulernen, Konflikte konstruktiv zu lösen und Kommunikationsstrategien zu erwerben – veränderte Erfahrungen in den Lebenswelten der Kinder zu generieren. Obstsalat Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht dieser Welt verändern. Wissen ifs Familienarbeit unterstützt Familien, die es alleine nicht mehr schaffen, das gemeinsame Leben zu meistern. Wir bieten ein spezialisiertes Hilfsangebot für Kinder und Familien, sind Ansprechpartner in allen Lebenslagen und helfen in Krisensituationen. Wir han- deln, wenn das Wohl der Kinder gefährdet ist. Unsere Sozialar- beiter und Psychologen suchen die Familien zu Hause auf und unterstützen die Eltern in ihrer Erziehungsarbeit. Die sozialpä- dagogischen Gruppen bieten zusätzliche Unterstützung für Kinder, die von der Kinder- und Jugendhilfe zugewiesen werden. Finanziert werden diese Gruppen vom Netz für Kinder. Telefon 05-1755-550 familienarbeit@ifs.at

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